BMF, Schreiben v. 6.8.1992, IV B 7 - S 2729 - 10/92
Zur Anwendung des BFH-Urteils vom 5.12.1990 (I R 5/88, BStBl 1991 II S. 308) gilt nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgendes: Der BFH hat mit Urteil vom 5.12.1990 entschieden, daß einem gemeinnützigen Verein Betriebsausgaben eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht entstehen, wenn Vereinsmitglieder auf die ihnen zustehenden Ansprüche auf Zahlung von Aushilfslöhnen im engsten zeitlichen Zusammenhang mit der Lohnzahlung bedingungslos verzichten. Die Aussage wird vom BFH auf zwei Erwägungen gestützt.
Zum einen wird die volle und vorbehaltlose Rückgabe des als Aushilfslohn vereinbarten Betrags als Verzicht auf den Lohnanspruch gewertet. Nach dieser Betrachtung ist der Lohn nicht aus dem Vermögensbereich des Vereins abgeflossen.
Zum anderen wird in der Auszahlung des Lohns eine zum Schein vorgenommene Handlung (§ 41 Abs. 2 AO) gesehen, wenn dem Vorgehen ein Gesamtplan des Vereins und seiner Mitglieder zugrunde liegt. Von einem solchen Gesamtplan ist nach dem BFH-Urteil auszugehen, wenn die Aushilfslöhne von dem Verein in der Erwartung ausgezahlt werden, daß sie alsbald zurückgewährt werden, und die mithelfenden Vereinsmitglieder damit einverstanden sind, dieser Erwartung zu entsprechen.
Das Urteil des BFH vom 5.12.1990 ist auf alle noch nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden. Danach müssen vereinbarte Aushilfslöhne für Vereinsmitglieder den Vermögensbereich des Vereins verlassen haben, um als Betriebsausgaben eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs des Vereins berücksichtigt zu werden. Bei bedingungslosem Verzicht vor Zufluß - wie im Urteilsfall - können die vereinbarten Aushilfslöhne nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Von einem Abfluß der vereinbarten Aushilfslöhne der Vereinsmitglieder aus dem Vermögensbereich des Vereins ist auszugehen, wenn sich der Verzicht auf die Aushilfslöhne seinem wirtschaftlichen Gehalt nach als Verwendung zugeflossenen Einkommens erweist. Das ist nach dem BFH-Urteil z.B. der Fall, wenn die Vereinsmitglieder den Verzicht auf ihre Löhne gegenüber dem Verein mit der Bedingung verbunden haben, diese Geldbeträge einem Dritten zuzuwenden.
In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird ausdrücklich klargestellt, daß es Möglichkeiten gibt, den durch das BFH-Urteil entschiedenen Sachverhalt korrekt so zu gestalten, daß die vereinbarten Aushilfslöhne der Vereinsmitglieder als Betriebsausgaben des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs des Vereins anzuerkennen sind. Die vereinbarten und gezahlten Löhne können beispielsweise mit steuerlicher Wirkung gespendet werden. Will das Vereinsmitglied die empfangenen Aushilfslöhne steuerbegünstigt dem ideellen Tätigkeitsbereich des Vereins wieder zukommen lassen, so muß der Geldbetrag, wenn der Verein nicht zum unmittelbaren Empfang steuerbegünstigter Spenden berechtigt ist, bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer öffentlichen Dienststelle (z.B. der Stadt- oder Gemeindeverwaltung) mit der Auflage eingezahlt werden, diesen Betrag dem Verein für den ideellen Bereich gutzuschreiben.
Die Hilfserwägung des BFH unter Nr. 3 der Urteilsbegründung (Scheingeschäft aufgrund eines Gesamtplans) ist in dieser Allgemeinheit nicht anzuwenden. Sie ist auch für die Entscheidungsfindung im Urteilsfall nicht tragend. Damit wird klargestellt, daß das Urteil nicht zum Anlaß genommen wird, den gemeinnützigen Vereinen die Anerkennung von Aushilfslöhnen als Betriebsausgaben des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in allen Fällen zu versagen, in denen der Rückführung der Löhne ein Gesamtplan zugrundeliegt. Für die Anerkennung von Aushilfslöhnen ist vielmehr allein auf das Merkmal der Verfügungsmacht abzustellen.
Das Problem hat für die Zeit nach Inkrafttreten des VereinsFG (1.1.1990) für kleinere Vereine wegen der Besteuerungsgrenze nach § 64 Abs. 3 AO erheblich an Bedeutung verloren.
Normenkette
AO § 41 Abs. 2
AO § 64 Abs. 3