OFD Rheinland, Verfügung v. 12.8.2009, S 2770 - 1015 - St 131
Nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG kann ein Organschaftsverhältnis zu einer Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH nur anerkannt werden, wenn eine Verlustübernahme entsprechend den Voraussetzungen des § 302 AktG vereinbart wird. Diese ausdrückliche Vereinbarung ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung ungeachtet dessen erforderlich, dass § 302 AktG im GmbH-Konzern analog auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gelten soll. An dieser Rechtsauffassung hat der BFH in jüngster Vergangenheit mit Nachdruck festgehalten. Siehe hierzu die Urteile vom 22.2.2006, l R 73/05, GmbHR 2006 S. 890, vom 22.2.2006, I R 74/05, DStR 2006 S. 1224, vom 16.6.2008, IV R 76/06 (n.v.) und vom 17.6.2008, IV R 88/05, BFH/NV 2008 S. 1705. Mithin muss der Gewinnabführungsvertrag (GAV) entsprechend R 66 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KStR
Bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen handelt es sich um Unternehmensverträge i.S. des § 291 Abs. 1 AktG, die aus der Sicht objektiver Dritter auszulegen sind. Nicht allgemein erkennbare Umstände außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen, wie z.B. Vorentwürfe, können dabei nicht berücksichtigt werden (BFH vom 28.11.2007, l R 94/06, DStR 2008 S. 1913). Fehlt es an einer Vereinbarung entsprechend § 302 AktG, ist eine Heilung des GAV mit Rückwirkung, z.B. im Wege einer deklaratorischen Ergänzung, nicht möglich. Da Ergänzungen dieser Art konstitutiven Charakter haben, kann das Organschaftsverhältnis frühestens ab dem Jahr der Wirksamkeit (HR-Eintragung) die Ergänzungsvereinbarung unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 14 KStG anerkannt werden. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass die fünfjährige Mindestvertragslaufzeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG, gerechnet ab dem ersten Jahr der tatsächlichen Anerkennung des Organschaftsverhältnisses, erfüllt sein muss. Im Zusammenhang mit dem o.g. Allgemeinverweis ist die Frage aufgeworfen worden, ob folgende vertragliche Regelung einen wirksamen Allgemeinverweis auf § 302 AktG i.o.S. darstellt:
„Die … GmbH verpflichtet sich, entsprechend § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag der … GmbH auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den freien Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.”
Nach bundeseinheitlich abgestimmter Rechtsauffassung stellt die o.a. vertragliche Regelung keine steuerlich anzuerkennende Verlustübernahmevereinbarung i.S.v. § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG dar, da die Vertragspartner hier im Ergebnis nur eine Verlustübernahme i.S.v. § 302 Abs. 1 AktG vereinbart haben. Zwar wird im einleitenden Satzteil § 302 AktG in Gänze erwähnt, allerdings ist dieser Satzteil sprachlich und inhaltlich nur im Gesamtzusammenhang des nachfolgenden Satzteils verständlich. Dieser nachfolgende Satzteil beinhaltet jedoch nur eine wörtliche Wiedergabe des Regelungsinhalts von § 302 Abs. 1 AktG. Sollte hingegen die gesamte Geltung von § 302 AktG vereinbart werden (also insbesondere auch Abs. 3 und – ab 1.1.2006 – Abs. 4), hätte es einer nachfolgenden Wiederholung des Regelungsinhalts von § 302 Abs. 1 AktG nicht mehr bedurft, vielmehr bestimmt der zweite Satzteil den Umfang, in dem es zu einer entsprechenden Anwendung von § 302 AktG kommen soll: Auf der Basis dieser Sichtweise fehlt es an einer wirksamen Vereinbarung gemäß § 302 Abs. 3 AktG.
Bei nach dem 1.1.2006 abgeschlossenen Verträgen fehlt zudem eine wirksame Vereinbarung von § 302 Abs. 4 AktG (siehe hierzu BMF-Schreiben vom 16.12.2005, IV B 7 – S 2770 – 30/05, BStBl 2006 I S. 12).
Ich bitte, in entsprechenden Fällen das körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaftsverhältnis nicht anzuerkennen. Einzelfälle, in denen die Anerkennungsfähigkeit einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung zweifelhaft ist, bitte ich mit der OFD abzustimmen.
Erstmalig vorgelegte GAV bitte ich insbesondere diesbezüglich zeitnah zu überprüfen. Sofern danach die steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft fraglich erscheint, ist zwischen den für Organträger und Organgesellschaft zuständigen Finanzämtern eine Abstimmung sowie ein Einvernehmen herbeizuführen.
Normenkette
KStG § 17;
AktG § 302