Leitsatz
1. Teilt das FA dem Drittschuldner (Bauträger) mit, dass es im Wege der zivilrechtlichen Abtretung eine Forderung gegen ihn erworben hat, liegt kein vom Bauträger anfechtbarer Verwaltungsakt i.S. von § 118 AO vor.
2. Die Zulassung der Abtretung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG ist mangels eigener Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO) kein vom Drittschuldner (hier: Bauträger) anfechtbarer Verwaltungsakt.
Normenkette
§ 27 Abs. 19 UStG, § 118 AO
Sachverhalt
A erbrachte in 2012 und 2013 für die Klägerin, einen Bauträger, Bauleistungen, wobei beide von einer Steuerschuld der Klägerin nach § 13b UStG ausgingen. Nach Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 22.8.2013 (BFH, Urteil vom 22.8.2013, V R 37/10, BFH/NV 2014, 130, BStBl II 2014, 128) machte die Klägerin geltend, dass sie nicht Steuerschuldner sei und dass A aufgrund von Baumängeln kein Nachforderungsanspruch zustehe, sodass keine abtretbare Forderung i.S. d. § 27 Abs. 19 UStG vorliege. Nach Inkrafttreten von § 27 Abs. 19 UStG nahm das FA den A durch einen nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheid als Steuerschuldner in Anspruch und nahm dessen Angebot auf Abtretung des ihm gegen die Klägerin zustehenden "Anspruchs auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer" an. Mit Schreiben vom 7.5.2015 informierte das FA die Klägerin, dass es die von A angezeigte Abtretung angenommen habe und dass Zahlungen an A nicht mehr möglich seien. Es werde eine Aufrechnung angestrebt. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, dass ein Vergütungsanspruch wegen Baumängeln nicht bestünde. Der Antrag auf Zulassung der Abtretung habe demnach abgelehnt werden müssen. Die Klage zum FG auf Aufhebung der Zulassung zur Abtretung hatte Erfolg (Thüringer FG, Urteil vom 21.2.2018, 3 K 282/17, Haufe-Index 12126293, EFG 2018, 1409).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Klage ab, da kein durch den Bauträger anfechtbarer Verwaltungsakt vorlag.
Hinweis
1. Haben Bauunternehmer und Bauträger verkannt, dass der Bauunternehmer und nicht der Bauträger als Leistungsempfänger nach § 13b UStG Steuerschuldner ist, kann das FA bei einer Steuernachforderung beim Bauunternehmer die Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG zulassen, der dem Bauunternehmer gegenüber dem Bauträger zusteht.
2. In dieser Zulassung der Abtretung sieht der BFH keinen durch den Bauträger anfechtbaren Verwaltungsakt. Der BFH verneint insoweit eine drittschützende Wirkung des Zulassungserfordernisses zugunsten des Bauträgers.
a) Der BFH verweist hierzu auf seine Rechtsprechung, nach der eine Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur geändert werden kann, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht. Der BFH hatte dies bereits früher damit begründet, dass der durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG angeordnete Ausschluss des abgabenrechtlichen Vertrauensschutzes unionsrechtlich nur zu rechtfertigen ist, wenn das Bestehen und die Abtretbarkeit einer Forderung nicht erst im Anschluss an die Änderung des Umsatzsteuerbescheids, sondern bereits im Festsetzungsverfahren geklärt werden. Daher muss das FA nicht erst im Erhebungsverfahren bei einer Entscheidung über die Abtretung, sondern bereits im Festsetzungsverfahren bei der Prüfung der Änderungsbefugnis nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG feststellen, ob ein abtretbarer Anspruch des Leistenden gegen den Leistungsempfänger besteht (BFH, Urteil vom 23.2.2017, V R 16, 24/16, BFH/NV 2017, 872, BStBl II 2017, 760).
b) Diese Rechtsprechung verwirklicht den für den leistenden Bauunternehmer erforderlichen Schutz bei der Korrektur einer Fehlbeurteilung durch die Finanzverwaltung, dient aber nicht dem Schutz des Schuldners der abgetretenen Forderung und damit nicht dem Schutz des Bauträgers. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, dass der Schuldner nach §§ 398ff. BGB stets mit einem Gläubigerwechsel zu rechnen hat, sofern kein Abtretungsverbot vereinbart wurde.
Kommt es zu einer Abtretung, kann über Einwendungen oder Einreden des Bauträgers in Bezug auf behauptete Baumängel im Fall einer Aufrechnung durch das FA im Rahmen eines gemäß § 218 Abs. 2 AO zu erlassenden Abrechnungsbescheids oder, wenn das FA den durch Abtretung erworbenen Anspruch zivilrechtlich durchsetzt, im Zivilprozess entschieden werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.8.2019 – V R 21/18