Kommentar
Darlehen unter nahen Angehörigen werden nach ständiger Praxis einkommensteuerrechtlich nur dann berücksichtigt, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart sind, inhaltlich dem sog. Fremdvergleich standhalten und tatsächlich durchgeführt werden ( Verträge mit nahen Angehörigen ) . Das gilt auch für ein Darlehen , das eine Personengesellschaft von dem Sohn ihres beherrschenden Gesellschafters erhält.
Werden die aus einem solchen Darlehen an den Sohn gezahlten Zinsen vom Finanzamt nachträglich nicht als Betriebsausgaben anerkannt, weil sich herausgestellt hat, daß das Darlehen nicht den Anforderungen des Fremdvergleichs genügt, ist deshalb die bestandskräftige Besteuerung der Zinsen beim Sohn als Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht ohne weiteres änderbar ; insbesondere entfällt eine Änderung der gegenüber dem Sohn ergangenen Einkommensteuerbescheide wegen widerstreitender Steuerfestsetzung ( § 174 AO 1977 ) oder aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses ( § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 ).
Es kommt jedoch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 wegen neuer Tatsachen in Betracht, wenn dem Veranlagungs-Finanzamt nicht bekannt war, daß es sich um ein Darlehen unter nahen Angehörigen gehandelt hat. Dieser nachträglich bekannt gewordene Sachverhalt ist auch für die Besteuerung des Darlehensgläubigers rechtserheblich, da Zinsen für ein Darlehen, das dem Fremdvergleich nicht genügt, auch beim Gläubiger keine Kapitalerträge i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bilden ( Änderungsvorschriften ) .
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 02.08.1994, VIII R 65/93
Hinweise:
Es handelt sich um eine für die Steuerpraxis nicht unerhebliche Entscheidung, die klarstellt , daß die einkommensteuerliche Nichtanerkennung eines Verwandtendarlehens nicht nur für den Zinsabzug beim Schuldner, sondern auch für die Besteuerung des Gläubigers gilt, der solche Zinsen dann nicht zu versteuern braucht.
Soweit der BFH eine Änderung der gegenüber dem Sohn ergangenen Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 für möglich erachtet, finden sich am Schluß der Entscheidungsgründe wichtige Gesichtspunkte , die dagegen sprechen, ein die Änderung hinderndes grobes Verschulden des Steuerpflichtigen oder seines Beraters anzunehmen.