Leitsatz
1. Verspricht eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Gewinntantieme, so führt dies zu einer vGA, soweit die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers unter Berücksichtigung der Tantiemeleistungen unangemessen hoch ist.
2. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers muss grundsätzlich anhand derjenigen Umstände und Erwägungen beurteilt werden, die im Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung vorgelegen haben und angestellt worden sind.
3. Die Höhe der angemessenen Bezüge ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich des Angemessenen sich auf eine Bandbreite von Beträgen erstrecken kann. Unangemessen sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen.
4. Die Entscheidung darüber, wie ein ordentlicher Geschäftsleiter eine gewinnabhängige Vergütung bemessen und ggf. nach oben begrenzt hätte, obliegt im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich dem FG. Dessen Würdigung ist im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar.
5. Steht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein sprunghafter Gewinnanstieg ernsthaft im Raum, so kann es bei Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung geboten sein, diese auf einen bestimmten Höchstbetrag zu begrenzen.
6. Arbeitet ein Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzlich für weitere Unternehmen, so ist dies bei der Bestimmung des angemessenen Gehalts i.d.R. mindernd zu berücksichtigen.
7. Ist die Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers angemessen, so muss nicht schon deshalb eine vGA vorliegen, weil die Vergütung zu mehr als 25 % aus variablen Anteilen besteht.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die klagende GmbH – sie war in der Baubranche tätig – hatte ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer ein Festgehalt in Höhe von monatlich 60 000 DM sowie eine Tantieme zugesagt – außerdem diverse Nebenleistungen (Pensionszusage, Weihnachtsgratifikation). Die Tantieme sollte sich auf 25 % des 2 Mio. DM übersteigenden Gewinns vor Ertragsteuer belaufen. Die Gewinne der Klägerin bewegten sich zwischen einer halben und ca. 35 Mio. DM. Das führte zu Tantiemen von bis zu 1,8 Mio. DM und Gesamtvergütungen von bis zu 2,5 Mio. DM. Außerdem erhielt der Gesellschafter-Geschäftsführer noch Vergütungen für seine Geschäftsführertätigkeit bei einer anderen GmbH.
Das FA wollte eine Gesamtvergütung unter Einbeziehung beider GmbHs von allenfalls 800 000 DM akzeptieren. Der Rest sei vGA. Das Finanzgericht zog die Grenze demgegenüber bei 1 Mio. DM – und zwar für jede einzelne GmbH und unabhängig auch davon, in welchem Verhältnis fixe und variable Gehaltsteile zueinander stünden.
Entscheidung
Der BFH hat diese Sachverhaltswürdigung des FG weitgehend bestätigt. Er hat die Sache nur wegen der Mehrfach-Geschäftsführer-Stellung des Gesellschafters bei beiden GmbHs noch einmal an das FG zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.
Hinweis
1. Das Urteil stellt eine Grundsatzentscheidung des BFH dar. Es enthält deutliche Akzentverschiebungen zum Bereich vGA und Geschäftsführervergütung, wenn nicht sogar eine Änderung der Rechtsprechung. Es trägt namentlich den in jüngster Zeit vielfach angestellten Versuchen einzelner FG Rechnung, an der Begrenzung von Gewinntantiemen auf voraussichtlich 25 % der Gesamtausstattung zu rütteln. Generell wird die Rolle der FG und deren Sachverhaltswürdigung künftig beträchtlich gestärkt.
2. Das Augenmerk ist vor allem auf die folgenden drei Punkte zu richten:
a) Der erste Punkt ist die Angemessenheitsprüfung: Bei dieser Prüfung der Geschäftsführergehälter handelt es sich um eine Angemessenheitsschätzung, welche regelmäßig – allein – das FG als Tatgericht, anhand betriebsinterner sowie -externer Merkmale und grundsätzlich bezogen auf den Zeitpunkt der Gehaltsvereinbarung, vorzunehmen hat.
Der BFH stellt klar, dass es den einen angemessenen Preis nicht gibt. Vielmehr gilt eine Bandbreitenbetrachtung. Auf der Schiene dieser Bandbreite können die Beteiligten sich frei bewegen und jeden Betrag als verbindlich festlegen, gleichviel, ob er sich am unteren oder aber am oberen Ende des Spektrums bewegt. Die insbesondere von der Verwaltung vielfach favorisierte Mittelwertbetrachtung wird verworfen. Gleiches gilt für die neuerdings aufgestellte Halbteilungsmaxime, wonach der Gesellschaft nach Abzug sämtlicher Geschäftsführervergütungen noch ein Jahresüberschuss vor Steuern von "mindestens" gleicher Höhe zu verbleiben habe (BMF, Schreiben vom 14.10.2002, BStBl I 2002, 972 Tz. 16). Für eine derartige pauschale Vermutung fehlt jegliche Rechtsgrundlage.
b) Der zweite Punkt ist die Mehrfach-Geschäftsführung. Die Angemessenheit der Gesamtausstattung ist vom FG zwar im Einzelfall zu prüfen. Dennoch ist bei einem Geschäftsführer, der mehreren Herren, sprich GmbHs, dient, zu mutmaßen, dass er seinen Aufgaben trotz aller Tüchtigkeit bei jeder GmbH nicht in gleicher Weise gerecht werden kann. Das rechtfertigt im Allgemeinen Gehaltsabschläge. Der BFH hat ...