Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 205
Trotz der Abschaffung des Ausweises von Aufwendungen als "Außerordentliche Aufwendungen" im GuV-Rechnungsschema des § 275 Abs. 2, 3 HGB durch das BilRUG sind nach § 285 Nr. 31 HGB jeweils der Betrag und die Art der einzelnen (Ertrags- oder) Aufwandsposten von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind, anzugeben. Hinsichtlich des Umfangs der Berichterstattungspflicht vgl. Rz. 186.
Das Schrifttum subsumierte unter die außerordentlichen Aufwendungen i. S. d. § 277 Abs. 4 Satz 1 HGB a. F. insbesondere Verluste aus dem Verkauf bedeutender Grundstücke und bedeutender Beteiligungen, Verluste aus dem Verkauf oder der Stilllegung von Betrieben oder wesentlichen Betriebsteilen (einschließlich Aufwendungen für Abfindungen im Rahmen eines Sozialplans), Verluste aufgrund von Enteignungen, Verluste aus außerordentlichen Schadensfällen (u. a. Naturkatastrophen, Erdbeben, Explosionen, Überschwemmungen), Verluste aus selten auftretenden Schadensfällen aufgrund betrügerischer Machenschaften, Unterschlagungen, Aufwendungen aus der Gewährung von Zuschüssen ohne Gegenleistungsverpflichtungen, Verluste aufgrund von Verschmelzungen, Umwandlungen oder Rechtsformwechsel, Bußgelder wegen Verstößen gegen das Kartellgesetz, Aufwendungen für ein Prozessrisiko, das von außerordentlicher existenzieller Bedeutung ist, oder Verluste aufgrund von Boykottmaßnahmen und kriegerischen Ereignissen.
Nach Auffassung des BMJV besitzen diese vormals als außerordentliche Aufwendungen auszuweisenden Aufwandsposten zumindest Indizwirkung für das Vorliegen von Aufwendungen von außergewöhnlicher Bedeutung. Jedoch ist der generelle Beurteilungsmaßstab für die "Außergewöhnlichkeit" die Unüblichkeit von Geschäftsvorfällen vor dem Hintergrund der konkreten Verhältnisse im Unternehmen.
Sofern sich der Bilanzierende zum Zeitpunkt des Übergangs zu den Rechnungslegungsvorschriften des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes für die Ansammlung des Fehlbetrags aufgrund der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Bewertung der laufenden Pensionen oder Anwartschaften auf Pensionen (bis spätestens 31.12.2024) nach Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB entschieden hatte, ist die vormals unter den außerordentlichen Aufwendungen gesondert auszuweisende jährliche Zuführung zu den Pensionsrückstellungen nunmehr gesondert unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen. Teile des Schrifttums nehmen auch eine Einbeziehung in die Angabepflicht des § 285 Nr. 31 HGB an; aufgrund der gesonderten Ausweispflicht unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen und der damit verbundenen Erkennbarkeit erscheint dies nach der hier vertretenen Meinung jedoch nicht zwingend.
Hinsichtlich des Umfangs der Berichtspflicht vgl. die analogen Ausführungen unter Rz. 186 ff.
Aufgrund der Überschneidung der Berichterstattung nach § 285 Nr. 31 HGB mit derjenigen zu den periodenfremden Aufwendungen nach § 285 Nr. 32 HGB bei großen Kapitalgesellschaften (einschließlich große Kapitalgesellschaften & Co.) wird auf Rz. 186c verwiesen; zur Erreichung einer klaren und unmissverständlichen Berichterstattung empfiehlt sich auch hier eine tabellarische Darstellung der einzelnen Aufwendungen, welche außergewöhnliche und periodenfremde Effekte enthalten, unter Überleitung zu den Aufwendungen ohne Sondereffekte nach § 285 Nrn. 31, 32 HGB (vgl. Rz. 186c).
Sofern das auch einen Lagebericht aufstellende Unternehmen insbesondere zur Analyse des Geschäftsverlaufs, insbesondere des Geschäftsergebnisses, auf ein "Ergebnis vor Sondereffekten" (mit weiterer Untergliederung nach Herkunft bzw. Verwendung des Ergebnisses in Betriebs-, Beteiligungs- und Finanzbereich und Steuern) zurückgreifen will, bietet sich auch eine kombinierte Darstellung sämtlicher Ertrags- und Aufwandsposten und der in diesen enthaltenen außergewöhnlichen und periodenfremden Effekte an.