Rz. 47
(Auszug)
A. Problem und Ziel
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Auch steuerliche und finanzmarktrechtliche Regelungen, die regelmäßig auf Grund des unionsrechtlichen Primär-und Sekundärrechts für EU-/EWR-Sachverhalte günstigere Rechtsfolgen vorsehen als für Drittstaatensachverhalte, werden gemäß dem jeweiligen Wortlaut künftig im Verhältnis zum Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr finden. Dies betrifft auch einige Sachverhalte, in denen der Steuerpflichtige bzw. Finanzmarktteilnehmer bereits in der Vergangenheit alle relevanten Handlungen vollzogen hat und allein der Brexit eine nachteilige Rechtsfolge auslösen würde ("Brexit als schädliches Ereignis"). Davon zu unterscheiden sind z. B. die Fälle des § 17 Absatz 5 Satz 2 und des § 36 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des § 12 Absatz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), die für den Eintritt einer nachteiligen Folge nach dem Gesetzeswortlaut eine aktive Handlung des Steuerpflichtigen voraussetzen (u. a. Sitz- oder Betriebsverlegung, Wegzug), sodass der Brexit allein noch keine für den Steuerpflichtigen nachteilige Folge auslösen würde. Für den § 12 Absatz 3 KStG und den § 6 Absatz 5 Außensteuergesetz wird die Wahrung des Status quo ausdrücklich klargestellt.
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Artikel 4 (Änderung des Außensteuergesetzes)
§ 6 des Außensteuergesetzes vom 8.9.1972 (BGBl. I S. 1713), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 27.6.2017 (BGBl. I S. 2074) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
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1. In Absatz 5 Satz 4 wird das Komma in dem Satzteil vor Nummer 1 durch die Wörter ”, wenn die Voraussetzungen für die Stundung nach den Sätzen 1 bis 3 nicht mehr vorliegen oder” ersetzt. |
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2. Folgender Absatz 8 wird angefügt: |
„(8) Abweichend von Absatz 5 Satz 4 führt der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union nicht zum Widerruf der Stundung, wenn allein auf Grund dessen für den Steuerpflichtigen oder seinen Rechtsnachfolger im Sinne des Absatzes 5 Satz 3 Nummer 1 die Voraussetzungen für die Stundung nach Absatz 5 Satz 1 und 3 nicht mehr vorliegen. In den Fällen des Satzes 1 ist Absatz 5 Satz 4 auf die gestundeten Beträge weiterhin mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Stundung über die in Absatz 5 Satz 4 geregelten Tatbestände hinaus auch zu widerrufen ist,
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1. soweit die Anteile auf Grund einer Entnahme oder eines anderen Vorgangs, der nach inländischem Recht nicht zum Ansatz des Teilwerts oder des gemeinen Werts führt, weder einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland noch einer Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Sinne des Absatzes 5 Satz 3 Nummer 3 zuzuordnen ist; |
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2. wenn für den Steuerpflichtigen oder für seinen Rechtsnachfolger im Sinne des Absatzes 5 Satz 3 Nummer 1 infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts weder eine mit der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbare Steuerpflicht im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland noch eine Steuerpflicht nach Absatz 5 Satz 1 besteht. |
In den Fällen des Satzes 2 gilt Absatz 7 entsprechend.”
Artikel 11 (Inkrafttreten)
Dieses Gesetz tritt am 29.3.2019 in Kraft.
Begründung – (Auszug)
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
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Steuerliche und finanzmarktrechtliche Regelungen, die auf Grund des unionsrechtlichen Primär- und Sekundärrechts für EU-/EWR-Sachverhalte günstigere Rechtsfolgen vorsehen als für Drittstaaten-Sachverhalte, werden gemäß dem jeweiligen Wortlaut dadurch künftig im Verhältnis zum Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr finden. In der Regel betrifft die Behandlung des Vereinigten Königreichs als Drittstaat nur steuerlich relevante Tatbestandsmerkmale, die auf Grund einer Handlung des Steuerpflichtigen nach dem Brexit erfüllt werden. Die Beurteilung eines Sachverhalts mit Bezug zum Vereinigten Königreich als Drittstaat-Sachverhalt betrifft aber auch Sachverhalte, in denen der Steuerpflichtige bereits in der Vergangenheit alle steuerlich relevanten Handlungen vollzogen hat (z. B. Überführung eines Wirtschaftsguts in das Vereinigte Königreich) und – anders als z. B. in den Fällen des § 6 Absatz 5 AStG, des § 36 Absatz 5 EStG oder des § 12 Absatz 3 KStG – allein der Brexit, ohne weiteres Zutun des Steuerpflichtigen, zu nachteiligen steuerlichen Rechtsfolgen führt (z. B. Auflösung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG; "Brexit als schädliches Ereignis").
In den Fällen des § 6 Absatz 5 AStG besteht auf Grund des Gesetzeswortlauts Rechtsunsicherheit darüber, ob allein der Brexit zu einem Widerruf der Stundung führt. Im Fachschrifttum wird die Rechtsfrage, ob die Stundungsvoraussetzungen des § 6 Absatz 5 AStG zeitpunkt-oder zeitraumbezogen zu verstehen sind, kontrovers diskutiert. Mit diesem Gesetz wird klargestellt, dass die Stundungsvoraussetzungen während des Zeitraums der Stundung vorliegen müssen. § 6 Absatz 8 AStG regelt, dass der Brexit für sich allein nicht zu einem Widerruf der Stundung nach § 6 Absatz 5 AStG f...