Dr. Hans Flick, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Bei Schachtelbeteiligungen im Sinne des § 43b EStG kann der Schuldner der Kapitalerträge vom Steuerabzug Abstand nehmen, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine Freistellungsbescheinigung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) vorlegt (§ 50d Absatz 2 Satz 1 EStG).
Durch die Verlagerung des Steuerabzugs bei girosammelverwahrten inländischen Aktien auf die letzte inländische auszahlende Stelle durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz vom 22.6.2011 (BGBl. I S. 1126) nimmt der Schuldner der Kapitalerträge den Steuerabzug allerdings nicht mehr vor. Vielmehr wird die Bruttodividende über die Hauptzahlstelle der ausschüttenden Aktiengesellschaft an Clearstream Banking (Clearstream) weitergeleitet. Clearstream nimmt auf Grundlage des belieferten Bestandes zum Dividendenstichtag die Verteilung der Dividende im Rahmen des Dividendenregulierungsprozesses vor. Clearstream behält entweder selbst Kapitalertragsteuer als letzte inländische auszahlende Stelle ein oder leitet die Bruttodividende über die Verwahrkette an die letzte inländische auszahlende Stelle weiter, die in diesem Fall den Steuerabzug vornimmt.
Eine inländische auszahlende Stelle kann allerdings nicht vom Steuerabzug nach § 50d Absatz 2 EStG Abstand nehmen, da dies nach dem Wortlaut der Norm dem Schuldner der Kapitalerträge vorbehalten ist.
Um auch zukünftig die Abstandnahme vom Steuerabzug in den Fällen der Schachtelbeteiligung nach § 43b EStG zu gewährleisten, haben Kunden von Clearstream jedoch die Möglichkeit, bei Clearstream verwahrte (Teil-)Bestände als sogenannte "abgesetzte Bestände" zu behandeln. Die "abgesetzten Bestände" werden auf einem besonderen Unterkonto verbucht. Der Kunde erhält über die Absetzung eine Anzeige.
Die Absetzung bewirkt, dass Clearstream für diese Bestände die Dividende nicht von der Hauptzahlstelle anfordert, weil diese Bestände nicht am Dividendenregulierungsprozess der Clearstream Banking teilnehmen. Die Auszahlung der Dividende erfolgt in diesem Fall durch die Hauptzahlstelle der ausschüttenden Aktiengesellschaft. Es wird in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn die Hauptzahlstelle des Emittenten gegen Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Absatz 2 Satz 1 EStG und des Nachweises der Absetzung des Bestandes die Dividende ohne Steuerabzug an den Gläubiger der Kapitalerträge auszahlt.