Dr. Hans Flick, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
1.1 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der §§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG, 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG
Vergütungen, die eine inländische Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Berggewerkschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder sonstige Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder Personenvereinigung des privaten und des öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, einem beschränkt steuerpflichtigen Mitglied des Aufsichts- oder des Verwaltungsrates für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt, unterliegen als selbständige Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht nach §§ 18 Abs. 1 Nr. 3, 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Der Begriff der Aufsichtsratsvergütung entspricht dem in § 10 Nr. 3 KStG, so dass die hierzu bzw. zu § 12 Nr. 3 KStG ergangene Rechtsprechung verwertet werden kann. Andere Tätigkeiten als Überwachungstätigkeiten werden nicht erfasst (z.B. nicht Beratung, Geschäftsführung durch GmbH-Angestellte oder AG-Vorstand). Bei einer Doppeltätigkeit ist die Vergütung entsprechend aufzuteilen.
1.2 Steueranhebung
Die Steuererhebung erfolgt durch Abzug beim Vergütungsschuldner (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG). Sie kann ggf. auch durch Nachforderungsbescheid gegenüber dem Steuerschuldner (= Vergütungsgläubiger) oder Haftungsbescheid gegenüber dem Vergütungsschuldner (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG) erhoben werden.
Auch wenn ein DBA die Bezüge freistellt oder die Besteuerung der Höhe nach begrenzt, ist der Vergütungsschuldner zur Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Aufsichtsratsteuer ungeachtet des Abkommens verpflichtet, § 50d Abs. 1 EStG.
1.3 Bemessungsgrundlage
Dem Steuerabzug unterliegt grundsätzlich der gesamte Betrag der Aufsichtsratsvergütung ohne jeden Abzug (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Das bedeutet, dass die Vergütungen nicht um Betriebsausgaben, Aufsichtsratsteuer oder Umsatzsteuer gekürzt werden. Nur soweit § 13b UStG einschlägig ist, zählt die Umsatzsteuer ausnahmsweise nicht zur Bemessungsgrundlage. Allgemeine Unkostenpauschalen werden der Aufsichtsratsvergütung unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten hinzugerechnet.
Werden Reisekosten (Tagegelder und Fahrtauslagen) besonders gewährt, so gehören sie gem. § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG zu den Aufsichtsratsvergütungen nur insoweit, als sie die tatsächlichen Auslagen übersteigen.
1.4 Höhe
Die Aufsichtsratsteuer beträgt 30 Prozent der Aufsichtsratsvergütungen (§ 50a Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG).
1.5 Zuständigkeiten
Für die Erstattung der Abzugsteuer im Sinne von § 50a Abs. 1 EStG aufgrund von DBA ist das BZSt zuständig (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Finanzverwaltungsgesetz i. V. m. § 50d EStG).
Die Feststellung, ob eine beschränkte Steuerpflicht inländischer Einkünfte nach § 49 Abs. 1 EStG vorliegt und ob für diese Einkünfte Abzugsteuer gemäß § 50a Abs. 1 EStG einzubehalten und abzuführen ist, trifft ausschließlich das für die Gesellschaft zuständige Finanzamt.
2. Einschränkungen des Besteuerungsrechts aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Übersicht über die derzeit geltenden DBA
2.1 Zuweisung des Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft
Entsprechend der Regelung in Art. 16 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) weisen fast alle zur Zeit geltenden DBA das Besteuerungsrecht für Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen dem Staat zu, in dem die zahlende Gesellschaft ansässig ist.
Damit es jedoch nicht zu einer Doppelbesteuerung der Einkünfte kommt, besteuert der Wohnsitzstaat des Aufsichts- oder Verwaltungsratsmitglieds die betroffenen Vergütungen nicht (Freistellungsmethode) oder rechnet die in Deutschland gezahlte Steuer an (Anrechnungsmethode). Welche Methode zur Anwendung kommt, richtet sich nach dem jeweiligen DBA i.V.m. den steuerrechtlichen Vorschriften des Wohnsitzstaates.
Wird zur Vorlage bei einer ausländischen Steuerbehörde eine Steuerbescheinigung benötigt, ist eine allgemeine Steuerbescheinigung (Exemplar ohne Finanzamtsverfügung) im Sinne des § 50a Absatz 5 Satz 6 EStG zu verwenden. Diese Steuerbescheinigung enthält ausschließlich Angaben des Vergütungsschuldners, dessen Finanzamt hat keine Angaben zu machen.
2.2 Abweichungen vom OECD-MA
Nicht alle DBA entsprechen exakt dem OECD-MA.
So erstrecken eine Reihe von Abkommen die Regelung des Art. 16 OECD-MA auch auf geschäftsführende Organe einer Gesellschaft.
Eine weitere Abweichung vom Musterabkommen enthält Art. 16 DBA-USA. Entgegen Art. 16 OECD-MA hat der Quellenstaat hiernach kein umfassendes Besteuerungsrecht an den Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichts- oder Verwaltungsrat; er darf nur insoweit besteuern, als der Steuerpflichtige die als Aufsichts- oder Verwaltungsrat tatsächlich im Quellenstaat ausübt.
Völlig anders ist Art. 11 DBA-Frankreich gefasst: Als einziges DBA wird hierin das Besteuerungsrecht nicht dem Quellenstaat, sondern dem Wohnsitzstaat des Vergütungsempfängers zugewiesen. Allerdings bleibt das deutsche Recht zur Erhebung der Abzugsteuer aufgrund des Art. 11 Abs. 2 DBA-Frankreich dennoch unberührt.
3. Entlastungsverfahren
Eine Befreiung vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 EStG im Wege des Freistellungsverfahrens ist bei Aufsichtsratsvergütungen nicht möglich. In Betracht kommt lediglich eine Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer nach § 50d Abs. 1 EStG.
Folgendes ist zu beachten:
- Die Erstattung wird nur auf schriftlichen Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck erteilt.
- Der Ant...