Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.11.1 Unmittelbarer Sicherungszusammenhang (§ 11 Absatz 1 BsGaV)
123 Nach § 11 Absatz 1 BsGaV richtet sich die Zuordnung eines konkreten Sicherungsgeschäfts – abweichend von den sonstigen Zuordnungsregeln – im Regelfall nach der Zuordnung des zu sichernden Zuordnungsgegenstands (Risiken einer Personalfunktion, Risiken eines Vermögenswerts, Risiken eines Geschäftsvorfalls).
Fall – Grundfall:
Unternehmen X in Staat A hat in Staat B eine Betriebsstätte B (B). Eine B zuzuordnende Forderung gegen einen fremden Dritten in US-Dollar wird durch ein Währungsgeschäft abgesichert, das die zu X gehörende Betriebsstätte C (C) in Staat C für X abschließt.
Lösung:
Das Sicherungsgeschäft ist B zuzuordnen. C erbringt nach § 11 Absatz 1 BsGaV gegenüber dem übrigen Unternehmen (hier gegenüber B) eine Dienstleistung, für die nach § 16 Absatz 2 BsGaV ein dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Betrag zu verrechnen ist.
124 Mit der entsprechenden Zuordnung der Sicherungsgeschäfte (zu denen z.B. auch Finanzinstrumente i.S.d. § 254 HGB gehören) und der zugehörigen Vermögenswerte sind auch die dazugehörigen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben einschließlich Veräußerungsgewinne und -verluste entsprechend zuzuordnen.
2.11.2 Mittelbarer Sicherungszusammenhang (§ 11 Absatz 2 BsGaV)
125 Ein mittelbarer Sicherungszusammenhang besteht, wenn zwar eindeutig ein Sicherungszusammenhang zwischen den Risiken aus bestimmten Personalfunktionen, Vermögenswerten und Geschäftsvorfällen einerseits und bestimmten Sicherungsgeschäften andererseits feststellbar ist, eine konkrete und präzise Zuordnung der Sicherungsgeschäfte zu den Betriebsstätten, deren Risiken abgesichert werden, jedoch unmöglich ist oder einen unangemessen hohen Aufwand verursacht, z.B. wegen Inkongruenz der jeweiligen Beträge oder Laufzeiten. § 11 Absatz 2 Satz 3 BsGaV lässt es in diesen Fällen zu, die Zuordnung der Sicherungsgeschäfte und der zugehörigen Vermögenswerte anteilig vorzunehmen. Der jeweilige Anteil ist nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel zu bestimmen (§ 11 Absatz 2 Satz 4 BsGaV), d.h., der Aufteilungsschlüssel ist im konkreten Einzelfall nach Möglichkeit aus den abgesicherten Risiken und den Sicherungsgeschäften abzuleiten.
Fall – Versicherungsprämien (indirekte Zuordnung):
Das Unternehmen X in Staat A hat verschiedene Betriebsstätten in anderen Staaten. Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A schließt eine Haftpflichtversicherung ab, die allgemein die Handlungsrisiken von X umfasst und damit auch Handlungsrisiken der ausländischen Betriebsstätten. Der Vertrag ist nach § 9 Absatz 1 BsGaV wegen der ausgeübten Personalfunktionen unstreitig der Geschäftsleitungsbetriebsstätte zuzuordnen.
Lösung:
Die entstehenden Aufwendungen (Versicherungsprämien) sind nach § 11 Absatz 2 BsGaV entsprechend einem sachgerechten Schlüssel indirekt den betreffenden Betriebsstätten zuzuordnen. Für die fiktive Dienstleistung (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BsGaV) ist zugunsten der Geschäftsleitungsbetriebsstätte ein dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Betrag zu verrechnen. Konkret eintretende Schadensfälle sind jeweils einzeln zu verrechnen.
2.11.3 Abweichende Zuordnung von Sicherungsgeschäften (§ 11 Absatz 3 BsGaV)
126 Führt eine abweichende Zuordnung eines Sicherungsgeschäfts einschließlich der aufgrund des Sicherungsgeschäfts ggf. entstehenden Vermögenswerte zu einem Ergebnis der Betriebsstätte, das dem Fremdvergleichsgrundsatz in diesem Einzelfall auch aus Sicht des übrigen Unternehmens besser entspricht, ermöglicht § 11 Absatz 3 BsGaV eine abweichende Zuordnung.
127 Zu einer Änderung der Zuordnung, die von der ursprünglichen Zuordnung abweicht, kann es kommen, wenn sich der Sicherungszusammenhang zwingend ändert.
Fallfortsetzung zu Rn. 123 – Zwingende Änderung des Sicherungszusammenhangs:
Die B zuzuordnende Forderung gegen den fremden Dritten in US-Dollar wird fällig und getilgt, während das Währungsgeschäft von C (ursprüngliches Sicherungsgeschäft) weiter fortbesteht. Das ursprüngliche Sicherungsgeschäft wird nach der Tilgung über das Risikomanagement des von C betriebenen Geld- und Devisenhandels abgesichert.
Lösung:
Ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Geschäftstätigkeit von B und dem ursprünglichen Sicherungsgeschäft ist nach Tilgung der B zuzuordnenden Forderung nicht mehr denkbar. Die weitere Zuordnung einer offenen Risikoposition zu B entspricht nicht den funktionalen Gegebenheiten der Risikosteuerung von X, d.h., das Ergebnis für B entspräche nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, wenn B die offene Risikoposition zugeordnet würde (s. § 11 Absatz 3 BsGaV). Mit dem Wegfall der B zuzuordnenden Forderung ist das ursprüngliche Sicherungsgeschäft C zuzuordnen. Das noch nicht realisierte Ergebnis aus dem ursprünglichen Sicherungsgeschäft im Zeitpunkt der Beendigung des Sicherungszusammenhangs ist allerdings endgültig B zuzurechnen.
2.11.4 Fehlende Sicherungsabsicht (§ 11 Absatz 4 BsGaV)
128 Besteht keine Sicherungsabsicht bzw. ist eine Sicherungsabsicht nicht feststellbar, sind die jeweiligen Geschäftsvorfälle nach den allgemeinen Regeln zuzuordnen.
Fall – Fehlende Sicherungsabsicht:
Das Unternehmen X in Staat A hat mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Staaten, die Geschäfte in verschiedenen Währungen tätigen. Die ...