Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
217 Die Zuordnung eines finanziellen Vermögenswerts aufgrund einer Kundenbeziehung nach § 19 Absatz 3 BsGaV ist nur durchzuführen, wenn keine eindeutige Entscheidung nach § 19 Absatz 2 BsGaV getroffen werden kann. Hauptanwendungsfälle, in denen eine qualitative Entscheidung (s. Rn. 43) nicht möglich ist, sind komplexe Entscheidungsvorgänge im Kreditgeschäft (s. Rn. 202). Der Begriff der Kundenbeziehung ist geschäftsvorfallbezogen unterschiedlich auszulegen:
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Im Kreditgeschäft besteht nach Abschluss des Kreditvertrags die Kundenbeziehung fort. |
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Im Handelsgeschäft bietet die Kundenbeziehung im Regelfall keinen Anhaltspunkt für eine von § 19 Absatz 2 BsGaV abweichende Zuordnung, da die Kundenbeziehung im Handelsgeschäft nicht dauerhaft ist, sondern mit dessen Abschluss endet. |
218 Eine Kundenbeziehung gehört zu einer Bankbetriebsstätte, wenn die Personalfunktion im Zusammenhang mit der Betreuung des Kunden, der Pflege der Kundenbeziehung, der Akquisition von Neukunden usw. in dieser Bankbetriebsstätte ausgeübt wird.
Fall – Kundenbeziehung als Zuordnungskriterium bei Funktionsaufteilung:
Ein inländisches Kreditinstitut X hat im Staat A die Bankbetriebsstätte A (A) und im Staat B die Bankbetriebsstätte B (B). Beschäftigte von A und Beschäftigte von B entwickeln und verhandeln gemeinsam die Vertragsbedingungen mit einem Kreditkunden K und arbeiten gemeinsam die Kreditvorlage mit Entscheidungsvorschlag aus. In der Geschäftsleitungsbetriebsstätte von X im Inland erfolgt die Zustimmung zum Kreditvertrag nach einer Schlüssigkeitsprüfung. K wurde von A akquiriert, A übernimmt die laufende Kundenbetreuung.
Lösung:
Der Kreditvertrag ist wegen der Kundenbeziehung A zuzuordnen. A und B sind zwar gleichwertig an der unternehmerischen Risikoübernahmefunktion beteiligt, so dass keine Entscheidung nach qualitativen Kriterien möglich ist (s. Rn. 42 – Funktionsaufteilung). Nur in diesen Fällen entscheidet nach § 19 Absatz 3 BsGaV über die Zuordnung des Vermögenswerts, zu welcher Bankbetriebsstätte die betreffende Kundenbeziehung gehört. Der formalen Zustimmung durch die Geschäftsleitungsbetriebsstätte ist keine entscheidende Bedeutung für die Zuordnung beizumessen (s. Rn. 40).
219 In den Fällen des § 19 Absatz 3 BsGaV darf von der Zuordnung des finanziellen Vermögenswerts nach der Kundenbeziehung nur abgewichen werden (§ 19 Absatz 3 Satz 2 BsGaV), wenn dies angesichts der ausgeübten Personalfunktionen sowie der Chancen und Risiken zu einem Ergebnis der Bankbetriebsstätte führt, das im Einzelfall aus der Sicht der beiden gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht (Öffnungsklausel).
220 Für die Anwendung des § 19 Absatz 3 Satz 2 BsGaV sind gleichartige finanzielle Wirtschaftsgüter konsistent und nach gleichen Grundsätzen zuzuordnen.