229  § 19 Absatz 6 BsGaV erweitert für Kreditinstitute die Möglichkeit, fiktive kreditinstitutsinterne Darlehensverhältnisse i.S.d. § 16 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BsGaV mit einer längeren Laufzeit anzunehmen, als § 16 Absatz 3 Satz 3 BsGaV dies vorsieht (Beendigung mit Ende des Wirtschaftsjahrs). Die Anerkennung solcher fiktiver kreditinstitutsinterner Darlehensverhältnisse ist von dem Nachweis abhängig, dass

  dies sowohl aufgrund der Geschäftspolitik des Kreditinstituts als auch aufgrund der ausgeübten Personalfunktionen, die im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung und der Entgegennahme von finanziellen Mitteln ausgeübt werden, sachgerecht ist und
  die Ergebnisse der Bankbetriebsstätte, die auf der Anerkennung solcher kreditinstitutsinterner Darlehensverhältnisse beruhen, dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.

230  Werden solche fiktiven kreditinstitutsinternen Darlehensverhältnisse angenommen, ist hierfür ein Zins zu verrechnen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht (s. Rn. 172). Für die Ermittlung dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechender Zinsen für kreditinstitutsinterne Darlehensverhältnisse sind die Kreditwürdigkeit des Kreditinstituts sowie die Währung und die Laufzeit der Mittelüberlassung zu beachten. Die Laufzeit für das kreditinstitutsinterne Darlehen muss mit der kreditinstitutsexternen Mittelverwendung übereinstimmen. Darüber hinaus muss ggf. der Aufwand für die Refinanzierung berücksichtigt werden. Die Faktoren, die zur Bestimmung der kreditinstitutsinternen Verzinsung verwendet wurden, sind nach § 90 Absatz 3 Satz 2 AO aufzuzeichnen (s. Rn. 63).

Fall – Fiktives kreditinstitutsinternes Darlehensverhältnis:

Die ausländische Bankbetriebsstätte A (A) in Staat A des inländischen Kreditinstituts X (X) bietet dort mit entsprechender Personalausstattung alle Arten von Bankgeschäften an (Universalbank). A erhält von ihren Kunden Einlagen, die sie für ihre Bankgeschäfte verwendet. Zeitweise entsteht ein Mittelüberhang, der von der Geschäftsleitungsbetriebsstätte von X im Inland dafür verwendet wird, Kredite an Kunden des übrigen Unternehmens zu gewähren. Diese Kredite sind zutreffend nach § 19 Absatz 1 BsGaV der Geschäftsleitungsbetriebsstätte zugeordnet worden.

Lösung:

Die Verwendung der von A erwirtschafteten Mittel ist nach § 19 Absatz 6 BsGaV als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung (§ 16 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BsGaV, fiktives Darlehen) über die in § 16 Absatz 3 Satz 3 BsGaV genannte Laufzeit hinaus anzuerkennen, da die Gewährung und Entgegennahme von finanziellen Mitteln in einem engen Zusammenhang mit der üblichen Geschäftstätigkeit der Bank steht. Für das fiktive Darlehen ist ein angemessener Zins anzusetzen.

231  Betriebsstätten, deren Geschäftszweck lediglich darin besteht, Einlagen von Kunden entgegenzunehmen, um diese an das übrige Unternehmen weiterzuleiten (z.B. an eine andere Bankbetriebsstätte des Kreditinstituts), damit dieses sie für seine Bankgeschäfte nutzt, erbringen eine fiktive Dienstleistung (anzunehmende schuldrechtliche Beziehung nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 BsGaV), die angemessen zu vergüten ist. Das Funktions- und Risikoprofil der Betriebsstätte, die die fiktive Dienstleistung erbringt, rechtfertigt es nicht, fiktive Darlehensverhältnisse nach § 16 Absatz 3 BsGaV anzunehmen. Ihr können deshalb keine finanziellen Vermögenswerte zugeordnet werden.

Fall – Einlagensammelstelle:

Ein inländisches Kreditinstitut X hat im Staat A die Bankbetriebsstätte A (A). A übt außer der Annahme von Spareinlagen von Privatkunden in A keine nennenswerten Geschäftstätigkeiten aus. Die inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte von X (X) verwendet die finanziellen Mittel, die A erhält, für ihre eigene Geschäftstätigkeit und steuert die Rückzahlungsverpflichtungen, da das übrige Unternehmen die dafür erforderlichen finanziellen Mittel erwirtschaftet.

Lösung:

Die Geschäftsvorfälle mit den Privatkunden sind dem übrigen Unternehmen zuzuordnen, nicht A. Denn das übrige Unternehmen übernimmt funktional die Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung (unternehmerische Risikoübernahmefunktion). Zudem überwiegt die Bedeutung der Personalfunktion der Verwendung der Mittel und der Steuerung der Rückzahlung eindeutig gegenüber der Annahme der Spareinlagen durch A (§ 9 Absatz 2 BsGaV). Im Ergebnis übt A lediglich eine Kapitalbeschaffungsfunktion als fiktive Dienstleistung innerhalb des Kreditinstituts aus (§ 17 Absatz 2 BsGaV). A steht für die fiktive Dienstleistung eine nach dem Fremdvergleichsgrundsatz angemessene Vergütung zu.

232  Zur Abgrenzung der in Rn. 229 ff. genannten Geschäftstätigkeit ist darauf abzustellen, ob die hereingenommenen Kundeneinlagen den Finanzbedarf für eigene Geschäfte der Bankbetriebsstätte dauerhaft übersteigen. Ein dauerhafter Liquiditätsüberhang ist dem übrigen Unternehmen zuzuordnen mit der Folge, dass der Bankbetriebsstätte nur ein Entgelt für eine fiktive Dienstleistung zusteht (Kapitalbeschaffung), es sei denn, es wird nachgewiesen, dass der Liquiditätsüberhang der eige...

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