Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.2.1 Inländisches Unternehmen (§ 2 Absatz 1 BsGaV)
32 Ein Unternehmen ist – unabhängig von der Rechtsform – inländisch, wenn sich der Ort seiner tatsächlichen Geschäftsleitung im Inland befindet (§ 2 Absatz 1 BsGaV).
2.2.2 Ausländisches Unternehmen (§ 2 Absatz 2 BsGaV)
33 Ein Unternehmen ist – unabhängig von der Rechtsform – ausländisch, wenn sich der Ort seiner tatsächlichen Geschäftsleitung im Ausland befindet (§ 2 Absatz 2 BsGaV).
2.2.3 Personalfunktion (§ 2 Absatz 3 BsGaV)
34 Eine Personalfunktion ist eine Geschäftstätigkeit, die von eigenem Personal des Unternehmens für das Unternehmen ausgeübt wird (§ 1 Absatz 5 Satz 3 Nummer 1 AStG, § 2 Absatz 3 Satz 1 BsGaV). Die Auflistung von Geschäftstätigkeiten in § 2 Absatz 3 Satz 2 BsGaV ist beispielhaft und nicht abschließend.
35 Einer Betriebsstätte werden Personalfunktionen des Unternehmens zugeordnet, nicht Personal des Unternehmens.
36 Eine natürliche Person, die zum Personal des Unternehmens gehört, kann nacheinander mehrere Personalfunktionen ausüben, die ggf. unterschiedlichen Betriebsstätten eines Unternehmens zuzuordnen sind. Eine Personalfunktion, die von einer bestimmten Person, die zum eigenen Personal gehört, ausgeübt wird, kann aber nicht gleichzeitig mehreren Betriebsstätten zugeordnet werden. Dagegen kann eine Personalfunktion hinsichtlich eines Zuordnungsgegenstands gleichzeitig von verschiedenen Personen, die zum eigenen Personal gehören, in verschiedenen Betriebsstätten ausgeübt werden (s. Funktionsaufteilung, Rn. 42).
Fall – Verschiedene Personalfunktionen eines Mitarbeiters:
Ein Consultingunternehmen X in Staat A hat in verschiedenen anderen Staaten Betriebsstätten. Ein Mitarbeiter reist nacheinander in diese anderen Staaten und berät dort die Kunden der jeweiligen Betriebsstätte an jeweils mindestens 40 Tagen.
Lösung:
Der Mitarbeiter übt nacheinander jeweils eine Personalfunktion für die betreffende Betriebsstätte aus. Die jeweilige Personalfunktion ist jeweils der betreffenden Betriebsstätte zuzuordnen.
2.2.4 Eigenes Personal (§ 2 Absatz 4 BsGaV)
37 Als "eigenes Personal" des Unternehmens gilt eine natürliche Person,
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die mit dem Unternehmen, für das sie tätig wird, einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat (§ 2 Absatz 4 Satz 1 BsGaV – so auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 62), |
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die aufgrund eines Personalüberlassungsvertrags mit einem anderen Unternehmen für das Unternehmen tätig wird, ungeachtet dessen, dass der Arbeitsvertrag mit dem anderen Unternehmen (überlassendes Unternehmen) abgeschlossen wurde (§ 2 Absatz 4 Satz 2 BsGaV); ein Überlassungsvertrag liegt vor, wenn sich das überlassende Unternehmen lediglich zur Überlassung der Arbeitskraft des überlassenen Arbeitnehmers verpflichtet, |
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die auf gesellschaftsvertraglicher Basis (s. § 1 Absatz 4 AStG) für das Unternehmen tätig wird (§ 2 Absatz 4 Satz 1 BsGaV), |
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die ohne vertragliche Vereinbarung für das Unternehmen tätig wird, sofern diese natürliche Person Unternehmer oder Gesellschafter des Unternehmens ist (§ 2 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 BsGaV) oder |
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die ohne vertragliche Vereinbarung für das Unternehmen tätig wird, sofern diese natürliche Person dem Unternehmen oder den Gesellschaftern des Unternehmens i.S.d. § 1 Absatz 2 AStG nahesteht (§ 2 Absatz 4 Satz 3 Nummer 2 BsGaV). |
Fall – Personalüberlassung:
Das Unternehmen Y (Y) schließt mit dem inländischen Unternehmen X (X) einen Personalüberlassungsvertrag ab. Auf Grundlage dieses Vertrags wird die natürliche Person N (N), die lediglich einen Arbeitsvertrag mit Y abgeschlossen hat, in der zu X gehörenden Betriebsstätte B (B) im Staat B tätig.
Lösung:
Obwohl N keinen Arbeitsvertrag mit X abgeschlossen hat, gilt N wegen des Tätigwerdens für B als eigenes Personal von B (§ 2 Absatz 4 Satz 2 BsGaV). Denn Y hat sich gegenüber X vertraglich lediglich dazu verpflichtet, X Personal (hier N) zu überlassen. N übt eine Personalfunktion von B aus, obwohl N arbeitsrechtlich Personal von Y ist.
38 Eine natürliche Person, die für ein Unternehmen tätig wird, gehört dagegen nicht zum eigenen Personal des Unternehmens, wenn das Tätigwerden nicht auf einem Arbeitsvertrag, sondern auf einem Dienstleistungs- oder Werkvertrag der natürlichen Person mit dem Unternehmen beruht. Ein Dienstleistungs- oder Werkvertrag ist von einem Personalüberlassungsvertrag (s. Rn. 37) zu unterscheiden. Bei einem Dienstleistungs- oder Werkvertrag wird die vereinbarte Dienstleistung oder die vereinbarte Werkleistung geschuldet, nicht nur die Überlassung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers.
2.2.5 Maßgebliche Personalfunktionen (§ 2 Absatz 5 BsGaV)
39 "Maßgebliche Personalfunktionen" i.S.d. § 2 Absatz 5 BsGaV sind für die Betriebsstättengewinnermittlung von zentraler Bedeutung (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 15 und Tz. 16), da sie grundlegend für die Ausgestaltung der Fiktion einer Betriebsstätte als selbständiges Unternehmen sind. Denn auf der Grundlage der maßgeblichen Personalfunktion werden einer Betriebsstätte jeweils Vermögenswerte (§§ 5 ff. BsGaV), Chancen und Risiken (§ 10 BsGaV) und Geschäftsvorfälle (§ 9 BsGaV) zugeordnet. Wird z.B. eine maßgebliche Personalfunktion, die bisher in einer Betriebsstätte ausgeübt wurde, ab einem bestimmten Zeitpunkt in einer anderen Betriebsstätte ausgeübt, kann...