Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
39 "Maßgebliche Personalfunktionen" i.S.d. § 2 Absatz 5 BsGaV sind für die Betriebsstättengewinnermittlung von zentraler Bedeutung (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 15 und Tz. 16), da sie grundlegend für die Ausgestaltung der Fiktion einer Betriebsstätte als selbständiges Unternehmen sind. Denn auf der Grundlage der maßgeblichen Personalfunktion werden einer Betriebsstätte jeweils Vermögenswerte (§§ 5 ff. BsGaV), Chancen und Risiken (§ 10 BsGaV) und Geschäftsvorfälle (§ 9 BsGaV) zugeordnet. Wird z.B. eine maßgebliche Personalfunktion, die bisher in einer Betriebsstätte ausgeübt wurde, ab einem bestimmten Zeitpunkt in einer anderen Betriebsstätte ausgeübt, kann dies zu einer Änderung der Zuordnung des betreffenden Zuordnungsgegenstands führen, z.B. mit der Folge des fiktiven Eigentumsübergangs eines materiellen Wirtschaftsguts nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 BsGaV (fiktive Veräußerung aufgrund dauerhaft geänderter Nutzung als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, s. Fall in Rn. 77). Die Zuordnung der maßgeblichen Personalfunktionen ist deshalb ausschlaggebend dafür, welche Zuordnungsgegenstände einer Betriebsstätte zuzuordnen sind und welche Bestandteile in der Hilfs- und Nebenrechnung einer Betriebsstätte zu erfassen sind (§ 3 BsGaV). Die Zuordnung ist damit auch für die Betriebsstättengewinnermittlung von entscheidender Bedeutung.
40 Ob eine Personalfunktion, die in einer Betriebsstätte ausgeübt wird, als maßgeblich anzusehen ist, ist im Einzelfall zu entscheiden (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 16). Hierbei kommt es auf den konkreten Bezug dieser Personalfunktion zum Zuordnungsgegenstand an, nicht darauf, auf welcher Hierarchiestufe formal eine Entscheidung getroffen wird. Als nicht maßgeblich sind daher insbesondere Personalfunktionen anzusehen, die bezogen auf den Zuordnungsgegenstand
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lediglich unterstützenden Charakter haben (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 62), |
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ausschließlich die allgemeine Geschäftspolitik des Unternehmens (Strategiefunktion) betreffen oder |
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lediglich formal durch Personal einer Betriebsstätte ausgeübt werden. |
Fall – Formale Entscheidung:
Unternehmen X (X) in Staat A will ein Projekt in seiner bereits bestehenden Betriebsstätte B (B) im Staat B durchführen. Das Projekt wird von B geplant. Auf Grundlage dieser Planung wird das Projekt durch den Vorstand von X beschlossen.
Lösung:
Das Projekt einschließlich der entstehenden Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen ist B zuzuordnen, denn maßgebliche Personalfunktion ist nicht der (formale) Vorstandsbeschluss von X. Maßgebliche Personalfunktionen für das Projekt sind vielmehr die Planungsarbeiten und die operative Umsetzung des Projekts durch B.
41 Für die Zuordnung von Vermögenswerten (§§ 5 bis 8 BsGaV), Geschäftsvorfällen (§ 9 BsGaV) sowie Chancen und Risiken des Unternehmens (§ 10 BsGaV) gelten vorrangig die grundsätzlichen Zuordnungsregelungen gem. § 5 Absatz 1, § 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 sowie § 10 Absatz 1 und 2 BsGaV, die eine Zuordnungsvermutung enthalten, welche Personalfunktion jeweils als maßgeblich anzusehen ist.
42 Eine für die Zuordnung eines Zuordnungsgegenstands maßgebliche Personalfunktion (z.B. Nutzung eines immateriellen Werts) kann im Einzelfall auch gleichzeitig von verschiedenen Personen in verschiedenen Betriebsstätten ausgeübt werden (Funktionsaufteilung, ausdrücklich angesprochen im OECD-Betriebsstättenbericht, Teil II Tz. 159 – Banken, Teil III Tz. 206 – Global Trading – und Teil IV Tz. 94 – Versicherungen). Eine Funktionsaufteilung ist aber nicht nur für die Geschäftstätigkeit von Banken oder Versicherungen möglich. In Fällen einer Funktionsaufteilung ist darauf abzustellen, in welcher Betriebsstätte nach qualitativen Gesichtspunkten der bedeutendste Teil der maßgeblichen Personalfunktion ausgeübt wird. Die Entscheidung des Unternehmens kann zur besseren Nachvollziehbarkeit anhand einer Übersicht veranschaulicht werden (entsprechend Rn. 294 f. zu Versicherungsbetriebsstätten), die sämtliche Personalfunktionen umfasst, die für eine Zuordnung von Bedeutung sein können. Erfolgt die Ausübung der maßgeblichen Personalfunktion in verschiedenen Betriebsstätten qualitativ gleichwertig, ist es ausnahmsweise möglich, nach quantitativen Gesichtspunkten zu entscheiden, z.B. nach den jeweiligen Kosten der Personalfunktionen (ggf. unter Berücksichtigung von Korrekturen wegen des jeweiligen Lohnniveaus), in welcher Betriebsstätte die maßgebliche Personalfunktion ausgeübt wird.
43 Werden verschiedene Personalfunktionen hinsichtlich eines Zuordnungsgegenstands gleichzeitig von eigenem Personal des Unternehmens, das in verschiedenen Betriebsstätten arbeitet, ausgeübt (Personalfunktionenkonkurrenz), ist der Zuordnungsgegenstand nach den vorrangigen Zuordnungsregelungen (z.B. § 5 Absatz 1, § 6 Absatz 1 BsGaV) zuzuordnen. Eine davon abweichende Zuordnung zu einer anderen Betriebsstätte ist nur möglich, wenn dort andere Personalfunktionen ausgeübt werden, dene...