341  Abschnitt 4 der BsGaV (§§ 30 bis 34 BsGaV) ist speziell auf Bau- und Montagebetriebsstätten anzuwenden. Bau- und Montagebetriebsstätten i.S.d. § 30 Satz 1 BsGaV entstehen zur Erfüllung von Bau- und Montageverträgen, die im Regelfall das Bau- und Montageunternehmen abgeschlossen hat. Bau- und Montagebetriebsstätten weisen die Besonderheit auf, dass sie von vornherein zeitlich begrenzt sind und ihnen im Regelfall außer der Geschäftsbeziehung zum übrigen Unternehmen (anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, §§ 16, 32 und 33 BsGaV) keine bzw. nur wenige Geschäftsbeziehungen zuzuordnen sind. Aus diesem Grunde sind Sonderregelungen für diese Art von Betriebsstätten notwendig, obwohl im OECD-Betriebsstättenbericht hierfür kein gesonderter Teil vorgesehen ist. Auf Bau- und Montagebetriebsstätten sind die allgemeinen Vorschriften des Abschnitts 1 der BsGaV anzuwenden, es sei denn, Abschnitt 4 der BsGaV enthält besondere Regelungen. Hinzuweisen ist auf die Rn. 63 (Aufzeichnungspflichten), die u.a. den Zweck verfolgt, internationale Besteuerungskonflikte (Doppelbesteuerung bzw. Nichtbesteuerung) zu erkennen und nach Möglichkeit zu vermeiden.

342  Besteht eine Bau- und Montagebetriebsstätte in einem Staat und schließt das Bau- und Montageunternehmen einen Folgevertrag im selben Staat ab (kein örtlicher und sachlicher Zusammenhang mit der bestehenden Bau- und Montagebetriebsstätte, deshalb kein Anschlussvertrag, s. Rn. 343), so sind für den Folgevertrag die Voraussetzungen für das Entstehen einer Bau- und Montagebetriebsstätte eigenständig zu prüfen. Es entsteht ggf. eine neue, selbständig zu beurteilende Bau- und Montagebetriebsstätte (s. Rn. 56). Der Folgevertrag ist im Regelfall dem übrigen Unternehmen zuzuordnen (zu möglichen Ausnahmen s. § 31 Absatz 4 BsGaV und Rn. 354).

Fall – Folgevertrag:

Im Anschluss an die Errichtung eines Einkaufzentrums (Voraussetzungen für eine Bau- und Montagebetriebsstätte erfüllt) im Staat Y erhält ein inländisches Bauunternehmen X den Auftrag für die Errichtung eines Bürogebäudes im Staat Y. Dieser Auftrag steht mit dem Einkaufszentrum in keinem sachlichen Zusammenhang.

Lösung:

Erfüllt auch die Errichtung des Bürogebäudes die Voraussetzungen für eine Bau- und Montagebetriebsstätte, so liegen zwei getrennt voneinander zu beurteilende Bau- und Montagebetriebsstätten (Einkaufszentrum/Bürogebäude) vor.

343  Liegt ein Anschlussvertrag vor (d.h. örtlicher und sachlicher Zusammenhang mit einer vorher bereits bestehenden Bau- und Montagebetriebsstätte, z.B. Gesamtprojekt mit demselben Kunden), so entsteht dadurch keine neue, selbständig zu beurteilende Bau- und Montagebetriebsstätte. Der Anschlussvertrag ist Teil der bestehenden Bau- und Montagebetriebsstätte. Er ist im Regelfall ebenfalls dem übrigen Unternehmen zuzuordnen (zu möglichen Ausnahmen s. § 31 Absatz 4 BsGaV und Rn. 354).

Fall – Anschlussvertrag:

Nach Fertigstellung der Erdarbeiten für ein größeres Gebäude im Staat Y (Voraussetzungen für eine Bau- und Montagebetriebsstätte erfüllt), erhält das inländische Bauunternehmen X den Auftrag, den Rohbau des Gebäudes zu errichten.

Lösung:

Es handelt sich wegen des örtlichen und sachlichen Zusammenhangs um einen Anschlussvertrag und damit nur um eine Bau- und Montagebetriebsstätte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Errichtung des Rohbaus, isoliert betrachtet, die Voraussetzungen für eine Bau- und Montagebetriebsstätte erfüllt.

344  Wird eine Geschäftstätigkeit ausgeübt, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erledigung eines Bau- und Montagevertrags steht, so ist diese Geschäftstätigkeit nicht einer ggf. vorliegenden Bau- und Montagebetriebsstätte zuzuordnen. Besteht neben einer eigenständig zu beurteilenden Bau- und Montagebetriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung des Bau- und Montageunternehmens (§ 12 Satz 1 AO bzw. Artikel 5 Absatz 1 OECD-MA), die die Arbeiten der verschiedenen Bau- und Montagebetriebsstätten koordiniert, so ist der Gewinn dieser festen Geschäftseinrichtung (Betriebsstätte) nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln (§§ 1 bis 17 BsGaV).

345  Bilden Bau- und Montageunternehmen eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE), ist diese im Regelfall (vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung) eine Mitunternehmerschaft nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG. Allerdings ist für die Frage, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt, die Bezeichnung unerheblich. Für eine ARGE, deren alleiniger Zweck in der Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags besteht, ist weder eine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen (§ 180 Absatz 4 AO) noch ist eine solche ARGE gewerbesteuerpflichtig (§ 2a GewStG). Der Bau- und Montagevertrag mit dem Auftraggeber wird im Regelfall durch die ARGE abgeschlossen. Die ARGE wird anschließend durch die ARGE-Partner tätig. Es können ggf. neben ihrer eigenen Bau- und Montagebetriebsstätte zusätzlich Betriebsstätten der ARGE bei den ARGE-Partnern entstehen. Um in derartigen Fällen Abgrenzungsprobleme zwischen der Anwendung von § 1 Ab...

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