Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.31.1 Zuordnung eines materiellen Wirtschaftsguts zur Bau- und Montagebetriebsstätte (§ 31 Absatz 1 BsGaV)
350 Nach § 31 Absatz 1 Satz 1 BsGaV gilt die Nutzung eines materiellen Wirtschaftsguts durch eine Bau- und Montagebetriebsstätte abweichend von § 5 Absatz 1 Satz 1 BsGaV nur dann als maßgebliche Personalfunktion, wenn zusätzlich zur Nutzung auch Personalfunktionen durch die Bau- und Montagebetriebsstätte ausgeübt werden, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, der Herstellung, der Veräußerung oder der Verwertung des materiellen Wirtschaftsguts stehen. Die Zuordnung eines materiellen Wirtschaftsguts zur Bau- und Montagebetriebsstätte setzt voraus, dass die Bedeutung der genannten Personalfunktionen, die in der Bau- und Montagebetriebsstätte im Hinblick auf das materielle Wirtschaftsgut ausgeübt werden, gegenüber der Bedeutung der insoweit im übrigen Unternehmen ausgeübten Personalfunktionen qualitativ eindeutig überwiegt.
Fall – Sonderfall der Zuordnung von materiellen Wirtschaftsgütern:
Ein inländisches Bau- und Montageunternehmen X (X) hat eine Bau- und Montagebetriebsstätte A (A) in Staat A. Ein von X ohne Mitwirkung von A angeschaffter Kran wird ausschließlich von A genutzt. Über die Wartung, Weiterverwendung und Veräußerung entscheidet allein eigenes Personal von A.
Lösung:
Die Personalfunktionen von A überwiegen qualitativ eindeutig (s. Rn. 42 und Rn. 43) die Personalfunktion der Anschaffung durch das übrige Unternehmen. Deshalb ist der Kran A zuzuordnen (§ 31 Absatz 1 BsGaV).
2.31.2 Zuordnung zum übrigen Unternehmen (§ 31 Absatz 2 BsGaV)
351 Ein materielles Wirtschaftsgut des Bau- und Montageunternehmens, das in einer Bau- und Montagebetriebsstätte genutzt wird, dieser aber nicht nach § 31 Absatz 1 BsGaV zuzuordnen ist, muss nach § 31 Absatz 2 BsGaV dem übrigen Unternehmen zugeordnet werden. Es gilt als der Bau- und Montagebetriebsstätte vom übrigen Unternehmen unentgeltlich beigestellt. Da in den Fällen der unentgeltlichen Beistellung durch das übrige Unternehmen die ursprüngliche Zuordnung des materiellen Wirtschaftsguts nicht geändert wird, führt z.B. die Nutzung eines materiellen Wirtschaftsguts durch eine ausländische Bau- und Montagebetriebsstätte weder zu einer Entstrickung des Wirtschaftsguts i.S.d. § 4 Absatz 1 Satz 3 und 4 EStG beim inländischen Bau- und Montageunternehmen noch zu einer fiktiven Veräußerung oder entgeltlichen Nutzungsüberlassung i.S.d. § 16 Absatz 1 BsGaV.
Fall – Unentgeltliche Beistellung eines materiellen Wirtschaftsguts:
Das Bau- und Montageunternehmen Y (Y) in Staat A hat im Inland eine Bau- und Montagebetriebsstätte B (B). Dort wird eine Spezialmaschine, die von Y angeschafft wurde, für 4 Monate für die Bauarbeiten genutzt und nach Ablauf der 4 Monate auf anderen Baustellen eingesetzt. B setzt die Maschine lediglich für den B betreffenden Bauauftrag ein und übt keine Personalfunktionen hinsichtlich der Anschaffung, Veräußerung oder Verwertung der Maschine aus.
Lösung:
Die Maschine ist nach § 31 Absatz 1 BsGaV dem übrigen Unternehmen zuzuordnen. Sie gilt B nach § 31 Absatz 2 BsGaV als unentgeltlich beigestellt.
2.31.3 Entsprechende Anwendung auf andere Vermögenswerte (§ 31 Absatz 3 BsGaV)
352 Die Grundsätze des § 31 Absatz 1 und 2 BsGaV gelten für die Zuordnung von Vermögenswerten nach den §§ 6 bis 8 BsGaV entsprechend.
Fall – Unentgeltliche Beistellung eines immateriellen Werts:
Das ausländische Bau- und Montageunternehmen Y (Y) hat im Inland eine Bau- und Montagebetriebsstätte B (B). Von B wird ein Patent, welches vom übrigen Unternehmen selbst geschaffen wurde und bei verschiedenen Projekten eingesetzt wird, zur Durchführung des Projekts genutzt. B setzt das Patent lediglich für den B betreffenden Bauauftrag ein und übt keine Personalfunktionen hinsichtlich der Schaffung, Veräußerung oder Verwertung des Patents aus.
Lösung:
Das Patent ist ein immaterieller Wert i.S.d. § 6 BsGaV. Es ist nach § 31 Absatz 3 i.V.m. Absatz 1 BsGaV dem übrigen Unternehmen zuzuordnen. Es gilt B nach § 31 Absatz 2 BsGaV als unentgeltlich beigestellt.
2.31.4 Zuordnung des Bau- und Montagevertrags (§ 31 Absatz 4 BsGaV)
353 Ein Bau- und Montagevertrag mit dem Auftraggeber ist ein Geschäftsvorfall i.S.d. § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 AStG, der im Regelfall der Geschäftsleitungsbetriebsstätte zuzuordnen ist. Dies gilt auch für einen Anschluss- bzw. für einen Folgeauftrag (s. Rn. 342 f.). Der Bau- und Montagevertrag kann im Einzelfall aber auch einer anderen Betriebsstätte i.S.d. § 12 Satz 1 AO bzw. Artikel 5 Absatz 1 bzw. 5 OECD-MA zuzuordnen sein.
Fall – Zuordnung des Bau- und Montagevertrags zu einer Betriebsstätte:
Ein inländisches Bauunternehmen X (X) hat im Staat A eine Betriebsstätte A (A), die die Voraussetzungen einer festen Geschäftseinrichtung i.S.d. § 12 Satz 1 AO bzw. Artikel 5 Absatz 1 OECD-MA erfüllt. A akquiriert laufend verschiedene Bauaufträge in A und koordiniert die Bauarbeiten (teilweise Bau- und Montagebetriebsstätten), ohne selbst an den Bauarbeiten mitzuwirken.
Lösung:
A ist selbst keine Bau- und Montagebetriebsstätte, da sie nicht zur Durchführung eines einzelnen Bau- und Montagevertrags besteht (§ 30 BsGaV). X ist ein Bau- und Montageunternehmen, da es mehrere Bau- und Montagebetriebsstätten unterhält. Die Bau- und Montageverträge sind A zuzuordnen, da die dort ausgeübten Personalfunktionen fü...