Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
58 In der Hilfs- und Nebenrechnung sind die der Betriebsstätte zuzuordnenden Vermögenswerte, ihr Dotationskapital und die übrigen Passivposten zu erfassen (s. auch OECD-Betriebsstättenbericht, Teil I Tz. 72 ff. und Tz. 224 ff.).
59 Ein selbst geschaffener immaterieller Wert, der bisher weder in der Bilanz noch in der Hilfs- und Nebenrechnung zu erfassen war, wird dann Bestandteil der Hilfs- und Nebenrechnung, wenn wegen einer Änderung der Zuordnung im Verhältnis zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen ein fiktiver Erwerb i.S.d. § 16 Absatz 1 Nummer 1 BsGaV anzunehmen ist. Zu erfassen ist demnach ein immaterieller Wert, der im übrigen Unternehmen selbst geschaffen wurde und anschließend der Betriebsstätte zuzuordnen ist (s. Fallabwandlung 2 in Rn. 95) bzw. umgekehrt. Hingegen kann ein selbst geschaffener immaterieller Wert, der zwar der Betriebsstätte zuzuordnen ist, nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 BsGaV nicht Bestandteil der Hilfs- und Nebenrechnung sein, wenn ein rechtlich selbständiges Unternehmen in der Situation der Betriebsstätte diesen immateriellen Wert in seiner steuerlichen Gewinnermittlung nicht erfassen würde.
60 Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 BsGaV sind auch die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben mit einzubeziehen, die zur Betriebsstätte gehören, weil sie in Zusammenhang mit Bestandteilen der Hilfs- und Nebenrechnung stehen, die aufgrund der ausgeübten Personalfunktion der Betriebsstätte zuzuordnen sind.
61 Auch die fiktiven Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die aufgrund anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen nach den §§ 16 und 17 BsGaV entstehen, sind nach § 3 Absatz 2 Satz 3 BsGaV in der Hilfs- und Nebenrechnung zu erfassen, da voneinander unabhängige Unternehmen in vergleichbaren Fällen Verträge abschließen würden, die entsprechende Auswirkungen auf ihre Gewinnermittlung hätten (s. auch § 1 Absatz 4 Satz 2 AStG). Zu den fiktiven Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben gehören auch fiktive Veräußerungsgewinne und -verluste.
Fall – Dienstleistung:
Die inländische X-GmbH hat in Staat A (DBA, das den AOA beinhaltet) eine Betriebsstätte A (A). Das übrige Unternehmen erbringt mit Personalfunktionen im Inland eine Dienstleistung für A. Die Dienstleistung verursacht Kosten von 90 und wird vom übrigen Unternehmen zum angemessenen Fremdvergleichspreis von 100 gegenüber A verrechnet.
Lösung:
A weist in der Hilfs- und Nebenrechnung fiktive Betriebsausgaben i.H.v. 100 aus. Das übrige Unternehmen erzielt fiktive Betriebseinnahmen von 100, d.h., es entsteht für das übrige Unternehmen ein Gewinn von 10.
62 Soweit eine Entstrickung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 und 4 EStG oder eine fiktive Veräußerung nach § 12 Absatz 1 KStG vorliegt, die in der inländischen Steuerbilanz des Unternehmens im Wege einer Aufstockung zu erfassen ist, sind entsprechende Ansätze in der Hilfs- und Nebenrechnung der betreffenden ausländischen Betriebsstätte erforderlich.
Fall (1) – Überführung eines materiellen Wirtschaftsguts:
Die inländische X-GmbH (X) überführt einen Kran (Buchwert 100, gemeiner Wert/Fremdvergleichspreis 150) in ihre Betriebsstätte A (A) im Staat A (DBA, das den AOA beinhaltet).
Lösung:
Nach § 12 Absatz 1 KStG gilt die Überführung als fiktive Veräußerung des Krans zum gemeinen Wert/Fremdvergleichspreis von 150. Da der Kran unverändert Betriebsvermögen von X ist, muss er in derselben logischen Sekunde mit dem gemeinen Wert/Fremdvergleichspreis in deren Steuerbilanz angesetzt werden. Folge ist eine gewinnwirksame Erhöhung des Bilanzwerts des Krans (sog. Step up) in der Bilanz von X. Dieser Vorgang führt zwischen A und dem übrigen Unternehmen nach § 16 Absatz 1 Nummer 1 BsGaV zu einer fiktiven Veräußerung (anzunehmende schuldrechtliche Beziehung) des übrigen Unternehmens an A, so dass der Kran in der Hilfs- und Nebenrechnung von A mit den fiktiven Anschaffungskosten von 150 zu aktivieren und anschließend ausgehend von diesem Wert nach den allgemeinen Regeln abzuschreiben ist. Im Zeitpunkt der Überführung/fiktiven Veräußerung entsteht für das übrige Unternehmen ein Gewinn von 50. Dieser Gewinn neutralisiert sich für X infolge der erhöhten Abschreibung für A (fiktive Anschaffungskosten 150) im Laufe der Nutzungsdauer. Die Gewinnrealisierung wirkt sich letztlich – zeitlich verschoben – nur auf die Gewinnaufteilung zwischen A und dem übrigen Unternehmen aus (einmaliger Gewinn im übrigen Unternehmen von 50, erhöhte Abschreibung bezogen auf die Nutzungsdauer für A von 50).
HINWEIS:
Im umgekehrten Fall (ausländisches Unternehmen mit inländischer Betriebsstätte) liegt eine fiktive Einlage gem. § 8 Absatz 1 KStG, § 4 Absatz 1 Satz 8 Halbsatz 2 EStG vor, die mit dem gemeinen Wert (§ 6 Absatz 1 Nummer 5a EStG) zu bewerten ist. Eine entsprechend Artikel 7 OECD-MA vom Unternehmen vorgenommene Aktivierung zu 150 in der Hilfs- und Nebenrechnung der inländischen Betriebsstätte ist anzuerkennen, von dieser Basis sind Abschreibungen vorzunehmen. Im Ausland kommt es zu einer entsprechenden Gewinnrealisierung.
Fall (...