Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
356 Nach § 32 Absatz 1 Satz 1 BsGaV gilt die Mitwirkung einer Bau- und Montagebetriebsstätte an der Erfüllung des vom Bau- und Montageunternehmen abgeschlossenen Bau- und Montagevertrags im Regelfall (Ausnahme s. § 33 BsGaV) als fiktive Dienstleistung (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 BsGaV) gegenüber dem übrigen Unternehmen, für die der Verrechnungspreis nach § 32 Absatz 1 Satz 2 BsGaV im Regelfall durch Anwendung der Kostenaufschlagsmethode zu bestimmen ist, wenn die von der Bau- und Montagebetriebsstätte erbrachte fiktive Dienstleistung eine Routinetätigkeit ist. Von einer Routinetätigkeit ist auszugehen, wenn die Bau- und Montagebetriebsstätte lediglich die eigentlichen Bau- und Montagearbeiten erbringt, auch wenn diese technisch schwierig und anspruchsvoll sind, während die eigentliche Wertschöpfung im übrigen Unternehmen erfolgt.
Fall (1) – Routinetätigkeit:
Das inländische Bau- und Montageunternehmen X (X) übernimmt die Erstellung eines technisch schwierigen Bauvorhabens im Staat A, sodass eine Bau- und Montagebetriebsstätte A (A) entsteht. Bei der Durchführung des Bauvorhabens treten erhebliche Schwierigkeiten auf. Die technischen Lösungen werden ganz überwiegend von Spezialisten im Inland erarbeitet und anschließend von A auf der Baustelle erfolgreich umgesetzt.
Lösung:
Auch wenn die Umsetzung der im übrigen Unternehmen erarbeiteten Lösungen durch A technisch schwierig und anspruchsvoll ist, rechtfertigt dies nach § 32 Absatz 1 BsGaV kein Abweichen von der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode, solange die eigentliche Wertschöpfung im Inland erfolgt. Dies gilt auch, wenn A in untergeordnetem Umfang an der Erarbeitung von Lösungen mitwirkt.
Fall (2) – Keine Routinetätigkeit:
Das inländische Bau- und Montageunternehmen verpflichtet sich, im Staat A eine schlüsselfertige Fabrikanlage mit vertraglich vereinbarten Leistungsmerkmalen zu erstellen. Die Arbeiten zur Realisierung des Projekts führen zur Entstehung der Bau- und Montagebetriebsstätte A (A). Anders als ursprünglich geplant, entscheidet die inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte X (X), eigene inländische Spezialisten zu A zu schicken, um wesentliche Planungs- und Ingenieursarbeiten vor Ort im Staat A durchzuführen.
Lösung:
Die von A geschaffene Wertschöpfung, zu der die von X auf die Baustelle geschickten Spezialisten wesentlich beigetragen haben (Personalfunktionen von A, § 4 Absatz 1 Satz 1 BsGaV), lässt es nicht zu, A als Routineunternehmen mit geringen Risiken zu qualifizieren. Deshalb kommt neben der Anwendung des § 32 BsGaV (ggf. mit entsprechend höherem Kostenaufschlag) unter bestimmten Umständen auch die Anwendung des § 33 BsGaV in Betracht (zu Einzelheiten s. dort Rn. 370 ff.).
357 Die Grundsätze des § 32 Absatz 1 BsGaV sind entsprechend heranzuziehen für funktions- und risikoähnliche Betriebsstätten, auch wenn sie keine Bau- und Montagebetriebsstätten i.S.d. § 30 BsGaV sind, wenn sie
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im Wesentlichen nur eine Geschäftsbeziehung (fiktive Dienstleistung) zum übrigen Unternehmen haben und |
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lediglich Routinetätigkeiten ausüben (s. auch Tz. 3.4.10.2 VWG Verfahren). |
Fall – Funktionsähnliche Betriebsstätte:
Die inländische X-GmbH (X) hat im Staat A eine Betriebsstätte A (A). X schließt mit einem Kunden K im Staat A einen Wartungsvertrag über 5 Jahre ab. Aufgrund des Vertrags ist X verpflichtet, Wartungen und etwaige notwendige Reparaturen durchzuführen. Die Arbeiten werden von Personal von A erledigt.
Lösung:
A ist eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 Satz 1 AO bzw. Artikel 5 Absatz 1 OECD-MA, keine Bau- und Montagebetriebsstätte i.S.d. § 12 Satz 2 Nummer 8 AO bzw. Artikel 5 Absatz 3 OECD-MA. Da A eine funktions- und risikoarme Tätigkeit ausübt, sind die Grundsätze des § 32 BsGaV entsprechend anzuwenden, denn die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes erfolgt aufgrund einer Funktions- und Risikoanalyse, die zu vergleichbaren Lösungen führt.
358 Für die Anwendung einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode nach § 32 Absatz 1 Satz 3 BsGaV gehören zur Kostenbasis vor allem die Personalkosten, die unmittelbar durch die eigenen Personalfunktionen der Bau- und Montagebetriebsstätte verursacht werden (z.B. eigene Montagetätigkeit, selbst durchgeführte Bauüberwachung, Integration von Subunternehmern durch eigenes Personal usw.). Als unmittelbare Kosten gelten alle direkten Kosten der Personalfunktionen (z.B. Bruttolöhne, Sozialabgaben, Zuführungen zu Pensionsrückstellungen, Reisekosten), die der Bau- und Montagebetriebsstätte nach § 4 BsGaV zuzuordnen sind.
359 Werden darüber hinaus durch die Ausübung von Personalfunktionen einer Bau- und Montagebetriebsstätte selbst weitere Kosten verursacht (z.B. Materialbeschaffung, Einschaltung von Subunternehmern usw.), so gehören diese Kosten dann zur maßgeblichen Kostenbasis, wenn der jeweilige Vertrag der Bau- und Montagebetriebsstätte nach § 9 BsGaV zuzuordnen ist. Dabei sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
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In der Bau- und Montagebetriebsstätte wird in Bezug auf die Subunternehmer oder das Material keine Perso... |