Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
386 Abschnitt 5 der BsGaV (§§ 35 bis 38 BsGaV) ist speziell auf Förderbetriebsstätten anzuwenden. § 35 Absatz 1 Satz 1 BsGaV definiert den Begriff Förderbetriebsstätte: Darunter fallen Betriebsstätten, die zur Förderung von Bodenschätzen entstehen und nach Abschluss der Fördertätigkeit enden. Jedes Unternehmen, zu dem eine Förderbetriebsstätte gehört, ist ein Bergbau- bzw. ein Erdöl- oder Erdgasunternehmen i.S.d. § 35 Absatz 1 Satz 2 BsGaV, unabhängig davon, ob die Fördertätigkeit einen wesentlichen Teil oder den Hauptteil der Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens ausmacht.
Fall – Kontraktor:
Das inländische Unternehmen Y (Y), das nicht auf eigenes Risiko in der Erdöl-/Erdgasförderung tätig ist, übernimmt vom inländischen Unternehmen X (X) den Auftrag, als Kontraktor (Auftragnehmer) seismologische Untersuchungen und das Abteufen einer Bohrung im Staat A durchzuführen. Die Ergebnisse von Y stehen X zu. X verwertet sie im Rahmen eines Explorationsrechts, das X vom Staat A durch einen Produktionsteilungsvertrag (Production Sharing Agreement – PSA) erhält.
Lösung:
Nur X ist Erdöl- oder Erdgasunternehmen i.S.d. § 35 Absatz 1 Satz 2 BsGaV, nicht Y. Denn Y wird lediglich als Dienstleister tätig. Führen die Arbeiten von Y zu einer Betriebsstätte in Staat A, sind darauf die allgemeinen Vorschriften der §§ 1 bis 17 BsGaV anzuwenden. Es handelt es sich nicht um eine Förderbetriebsstätte i.S.d. § 35 Absatz 1 Satz 1 BsGaV.
387 Ein Explorationsrecht (s. Rn. 394) wird u.a. durch den Abschluss eines Production Sharing Agreement (PSA) begründet. Ein PSA, das verschiedentlich auch als Production Sharing Contract (PSC) oder Exploration and Production Sharing Agreement (EPSA) bezeichnet wird, ist ein zivilrechtlicher/öffentlich-rechtlicher Vertrag, in dem in erster Linie folgende Rechte und Pflichten vereinbart werden:
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Ein Förderstaat, dem Bodenschätze (meist Kohlenwasserstoffe) rechtlich zuzuordnen sind, erteilt einem oder mehreren Erdöl- oder Erdgasunternehmen eine oder mehrere Erdöl- oder Erdgaskonzessionen. |
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Im Erfolgsfall verpflichtet sich das Erdöl- oder Erdgasunternehmen (bzw. verpflichten sich die beteiligten Erdöl- oder Erdgasunternehmen), die Erdöl- bzw. Erdgasproduktion nach einem festgelegten Schlüssel mit dem Förderstaat zu teilen. |
Vertragspartner auf Seiten des Förderstaats sind im Regelfall dessen staatliche Organe und/oder seine staatliche Erdöl-/Erdgasgesellschaft. Anstelle der sonstigen allgemein gültigen Steuerregelungen des Förderstaats wendet dieser die speziellen (steuerlichen) Regelungen eines PSA an bzw. die PSA-Regelungen ergänzen die allgemein gültigen Steuerregelungen.
388 Die konkreten Voraussetzungen für das Entstehen oder die Beendigung einer Förderbetriebsstätte richten sich nach § 12 AO bzw. den anzuwendenden DBA (s. Tz. 4.7 VWG Betriebsstätten). Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Förderbetriebsstätte zu dem Zeitpunkt entsteht, zu dem die Fördertätigkeit aufgenommen wird (§ 36 Absatz 3 BsGaV). Die Fördertätigkeit wird mit Beginn des Aufbaus der Förderanlagen aufgenommen (s. Tz. 4.7 Satz 5 und 6 VWG Betriebsstätten). Durch den Aufbau der Förderanlagen macht das Bergbau- bzw. Erdöl- oder Erdgasunternehmen deutlich, dass es von der wirtschaftlichen Fündigkeit (s. Tz. 4.7.2 VWG Betriebsstätten) des betreffenden Explorationsrechts (s. Rn. 394) ausgeht.
Fall – Entstehungszeitpunkt einer Förderbetriebsstätte:
Das inländische Erdölunternehmen X (X) besitzt ein Explorationsrecht für ein Gebiet im Staat A. Zur Durchführung der Förderung werden im Inland Planungstätigkeiten ausgeführt. Am 01.05.02 beginnen Mitarbeiter von X im Staat A, die Förderanlage aufzubauen.
Lösung:
Der Förderbetrieb wird am 01.05.02 aufgenommen, da der Beginn des Aufbaus der Förderanlagen nach § 36 Absatz 3 BsGaV als Zeitpunkt der Aufnahme der Fördertätigkeit und damit als Beginn der Förderbetriebsstätte F gilt.
389 Die vor dem Zeitpunkt des Beginns des Aufbaus der Förderanlagen im Förderstaat ausgeübte Geschäftstätigkeit ist vorbereitender Art (s. Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe e OECD-MA) und führt im DBA-Fall weder zu einer Betriebsstätte noch zu einer Förderbetriebsstätte. In Fällen ohne DBA kann im Einzelfall vor Begründung einer Förderbetriebsstätte nach § 12 Satz 2 Nummer 7 AO eine Betriebsstätte nach § 12 Satz 2 Nummer 8 AO entstehen (Bau- und Montagebetriebsstätte, s. Rn. 341 ff.), auf die unter den Voraussetzungen der Rn. 23 die entsprechenden Regelungen der BsGaV und dieses BMF-Schreibens anzuwenden sind.
390 Entfällt die wirtschaftliche Fündigkeit später wieder, weil sich herausstellt, dass das Explorationsrecht (s. Rn. 394) nicht wirtschaftlich sinnvoll ausgebeutet werden kann, so wird die entstandene Förderbetriebsstätte zu diesem Zeitpunkt beendet. Eine zeitliche Verzögerung der bereits begonnenen Einrichtung der Förderbetriebsstätte (Beginn des Aufbaus der Förderanlagen, s. Rn. 388) hat dagegen keinen Einfluss auf das Bestehen der Förderbetriebsstätte. Soweit in derartigen Fällen das Explorationsrecht der Förd...