Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.39.1 Ständige Vertreter (§ 39 Absatz 1 BsGaV)
418 Nach § 39 Absatz 1 BsGaV ist die BsGaV sinngemäß auch auf ständige Vertreter i.S.d. § 13 AO anzuwenden (s. § 1 Absatz 5 Satz 5 AStG). Dies ist sachgerecht, da der ständige Vertreter zwar in § 13 AO gesondert geregelt wird, jedoch auch in den Anwendungsbereich der DBA fällt, da ein ständiger Vertreter i.S.d. § 13 AO im Regelfall als abhängiger Vertreter eine Betriebsstätte begründet (Vertreterbetriebsstätte, s. Artikel 5 Absatz 5 OECD-MA). Die Regelung des § 39 trägt für den internationalen Bereich zu einer Gleichbehandlung von Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO und ständigen Vertretern i.S.d. § 13 AO bei.
419 Wird eine natürliche Person als Vertreter für ein Unternehmen tätig, so kann daraus für das Unternehmen ein abgrenzbarer Betriebsstättengewinn/-verlust eines ständigen Vertreters/einer Vertreterbetriebsstätte entstehen, wenn die Aufwendungen für den Vertreter selbst höher oder niedriger sind, als das Ergebnis, das dem ständigen Vertreter/der Vertreterbetriebsstätte als fiktiv selbständigem Unternehmen nach den Grundsätzen dieses BMF-Schreibens zuzurechnen ist. Ein abzugrenzender Betriebsstättengewinn/-verlust des ständigen Vertreters/der Vertreterbetriebsstätte kann insbesondere dann eintreten, wenn der Vertreter ein Arbeitnehmer des Unternehmens ist.
Fall – Natürliche Person als ständiger Vertreter:
Das Unternehmen X (X) in Staat A hat einen Arbeitnehmer (AN) als Vertreter im Staat B, der auch die Voraussetzungen für einen ständigen Vertreter (§ 13 AO) und für eine DBA-Vertreterbetriebsstätte entsprechend Artikel 5 Absatz 5 OECD-MA erfüllt. Für seine (Routine-)Tätigkeit in Staat B erhält AN im Jahr 01 eine Vergütung von 100. Ein selbständiger Vertreter entsprechend Artikel 5 Absatz 5 OECD-MA hätte eine Vergütung von 110 erhalten.
Lösung:
Die Einnahmen der Vertreterbetriebsstätte hätten entsprechend dem Fremdvergleichsgrundsatz 110 betragen. Davon hätte der Vertreter AN bezahlt werden müssen (100), so dass dem ständigen Vertreter i.S.d. § 13 AO bzw. der Vertreterbetriebsstätte i.S.d. Artikels 5 Absatz 5 OECD-MA ein Gewinn von 10 verbleibt, der in Staat B zu versteuern ist.
420 Ist eine natürliche Person selbstständig unternehmerisch als ständiger Vertreter tätig, gelten die Grundsätze der Rn. 421 ff.
2.39.2 Besonderheiten bei der Anwendung auf einen ständigen Vertreter, der ein rechtlich eigenständiges Unternehmen ist (§ 39 Absatz 2 BsGaV)
421 Wird ein rechtlich eigenständiges Unternehmen für eine nahestehende Person als Vertreter in einem anderen Staat tätig und entsteht dadurch ein ständiger Vertreter bzw. eine Vertreterbetriebsstätte, so werden im Regelfall im Staat der Vertreterbetriebsstätte entsprechend Artikel 5 Absatz 5 OECD-MA Personalfunktionen vom Personal des Vertreters für den Vertretenen ausgeübt. In diesen Fällen ist es nicht notwendig, dass eigenes Personal des Vertretenen i.S.d. § 2 Absatz 3 BsGaV im anderen Staat in der Vertreterbetriebsstätte tätig ist. Deshalb muss nach Absatz 2 die Ausübung von Personalfunktionen durch das Personal des Vertreters dem vertretenen Unternehmen abweichend von § 2 Absatz 3 BsGaV zugerechnet werden. Sonst könnten in diesen Fällen dem vertretenen Unternehmen mangels Ausübung von Personalfunktionen durch eigenes Personal im Ausland nach den §§ 5 ff. BsGaV grundsätzlich weder Vermögenswerte noch Chancen und Risiken noch Geschäftsvorfälle zugeordnet werden, noch könnten für das vertretene Unternehmen Einkünfte entstehen, die durch einen ständigen Vertreter erzielt werden (§ 34d Nummer 2 Buchstabe a EStG) oder für die ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG).
Fall – Kapitalgesellschaft als ständiger Vertreter/Vertreterbetriebsstätte:
Unternehmen X (X) in Staat A beauftragt eine nahestehende Person, die Kapitalgesellschaft Y (Y) mit Sitz und Geschäftsleitung in Staat B, dort Waren, die X produziert hat, namens und im Auftrag von X zu verkaufen. Eigenes Personal von X ist nicht im Staat B tätig.
Lösung:
Y ist ständiger Vertreter (§ 13 AO) von X und gleichzeitig Grundlage für die Annahme einer Vertreterbetriebsstätte von X in B. Da in dieser Vertreterbetriebsstätte mangels dort tätigem eigenen Personal von X keine Personalfunktionen von X ausgeübt werden, kann X nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 5 ff. BsGaV) nichts zugeordnet werden. Nach § 39 Absatz 2 BsGaV sind aber alle Personalfunktionen, die von Personal des ständigen Vertreters (hier: Y) für den Vertretenen (hier: X) ausgeübt werden, als eigene Personalfunktionen des Vertretenen zu behandeln.
422 In vielen Fällen wird es trotz der Zurechnung der Personalfunktionen des Vertreters zum ständigen Vertreter bzw. zur Vertreterbetriebsstätte des Vertretenen zu keinem Ergebnis des ständigen Vertreters bzw. der Vertreterbetriebsstätte kommen, das über das Ergebnis des Vertreters selbst hinausgeht. Denn der für den ständigen Vertreter bzw. die Vertreterbetriebsstätte entstehende Ertrag muss im Regelfall vollständig an den Vertreter weitergegeben werden (Null-Summen-Theorie).
Fortsetzung der Lösung des Falls in Rn. 421 -Lösung nach der Null-Summen-Theorie:
Aufgrund von § 39 Absatz 2 BsGaV sind alle Vermögenswerte und Passivp...