Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.4.1 Grundsatz (§ 4 Absatz 1 BsGaV)
71 Für die Zuordnung einer Personalfunktion kommt es nach § 4 Absatz 1 Satz 1 BsGaV in erster Linie darauf an, in welcher Betriebsstätte die Personalfunktion ausgeübt wird (Vermutungsregelung). Die Zuordnung ist grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Ausübung.
72 Eine Personalfunktion, die in einer Betriebsstätte ausgeübt wird, ist ihr nach § 4 Absatz 1 Satz 2 BsGaV jedoch nicht zuzuordnen, wenn die Personalfunktion keinen sachlichen Bezug zur Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte aufweist und wenn die Personalfunktion dort nur kurzfristig, d.h. an weniger als 30 Arbeitstagen innerhalb eines Wirtschaftsjahrs, ausgeübt wird.
Grundfall – Vorbereitende Tätigkeit:
Unternehmen X in Staat A hat in Staat B Betriebsstätte B (B) und in Staat C Betriebsstätte C (C). Ein Arbeitnehmer N (N) von X reist für drei Wochen zu B, um sich dort für eine Tätigkeit in Staat C für C vorzubereiten. Es besteht keine sachliche Verbindung zwischen seiner (vorbereitenden) Tätigkeit im Staat B und der Geschäftstätigkeit von B.
Lösung:
Die Tätigkeit von N ist nach § 4 Absatz 1 Satz 2 BsGaV keine Personalfunktion von B, sondern gem. § 4 Absatz 2 Satz 1 1. Alternative BsGaV eine Personalfunktion von C. Die Nutzung der Infrastruktur von B ist ggf. vom übrigen Unternehmen (hier im Ergebnis von C) zu vergüten (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BsGaV).
Abwandlung (zur Abgrenzung):
N ist länger als 30 Tage, d.h. nicht nur kurzfristig, bei B tätig.
Lösung:
Die Tätigkeit von N ist nach § 4 Absatz 1 Satz 2 BsGaV eine Personalfunktion von B, da N die Infrastruktur von B nicht nur kurzfristig nutzt. Die Ergebnisse der vorbereitenden Tätigkeit von N in B sind vom übrigen Unternehmen (hier im Ergebnis von C) angemessen zu vergüten (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BsGaV).
73 Als Folge der Zuordnung einer Personalfunktion zu einer Betriebsstätte sind der Betriebsstätte neben dem zugehörigen Personalaufwand auch die durch die Personalfunktion verursachten Erträge zuzuordnen. Aus der Zuordnung einer Personalfunktion zu einer Betriebsstätte können sich auch Gründe für die Zuordnung z.B. von Vermögenswerten ergeben.
2.4.2 Besondere Fälle der Zuordnung von Personalfunktionen (§ 4 Absatz 2 BsGaV)
74 Gibt die örtliche Ausübung einer Personalfunktion keine Entscheidung für die Zuordnung vor, weil
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die Personalfunktion weder in der Betriebsstätte noch im übrigen Unternehmen ausgeübt wird (z.B. Reisetätigkeit) oder |
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das Personal des Unternehmens die Funktion nur kurzfristig in einer Betriebsstätte ausübt, zu der die Personalfunktion sonst keinen sachlichen Bezug aufweist (§ 4 Absatz 1 Satz 2 BsGaV), |
so ist die Personalfunktion nach § 4 Absatz 2 BsGaV der Betriebsstätte zuzuordnen, zu der die Personalfunktion sachlich den engsten Bezug aufweist (s. Rn. 72 Grundfall).
2.4.3 Zuordnung einer Personalfunktion in Zweifelsfällen (§ 4 Absatz 3 BsGaV)
75 Kann eine Personalfunktion weder nach § 4 Absatz 1 noch nach § 4 Absatz 2 BsGaV zugeordnet werden, so räumt § 4 Absatz 3 BsGaV dem Unternehmen einen Beurteilungsspielraum für die Zuordnung der Personalfunktion ein. Die Zuordnung der Personalfunktion muss sich aber so weit wie möglich an den Kriterien des § 4 Absatz 1 und 2 BsGaV orientieren. Die Zuordnung der Personalfunktion muss spätestens mit Erstellung der Hilfs- und Nebenrechnung nachvollziehbar erfolgt sein und ggf. anhand eindeutiger Aufzeichnungen (§ 90 Absatz 3 AO, s. auch Rn. 63) begründet werden können (§ 3 Absatz 2 Satz 4 BsGaV). Anderenfalls kann eine Schätzung nach § 162 AO erforderlich werden. Die anteilige Zuordnung einer Personalfunktion ist nicht anzuerkennen.
Fall – Keine eindeutige Zuordnung einer Personalfunktion:
Das Produktionsunternehmen X (X) in Staat A hat in Staat B Betriebsstätte B (B) und in Staat C Betriebsstätte C (C). X betreibt einen Messestand im Staat M. Der Angestellte N, der üblicherweise im Staat A für X arbeitet, berät und bedient auf der Messe die Kunden von B und C. Der Messestand erfüllt selbst nicht den Tatbestand einer Betriebsstätte.
Lösung:
Da es nicht möglich ist, die auf dem Messestand von N ausgeübte Personalfunktion eindeutig einer der Betriebsstätten zuzuordnen (§ 4 Absatz 1 oder 2 BsGaV), hat X einen Beurteilungsspielraum (§ 4 Absatz 3 BsGaV): X kann die in M von N erbrachte Personalfunktion entweder der inländischen Betriebsstätte oder B oder C zuordnen. X hat sicherzustellen, dass die Aufzeichnungspflichten (s. Rn. 63) erfüllt werden können. Fiktiv erbrachte Dienstleitungen sind nach § 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BsGaV angemessen zu verrechnen.