Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
2.9.1 Grundsatz (§ 9 Absatz 1 BsGaV)
112 Für die Zuordnung eines Geschäftsvorfalls des Unternehmens mit einem unabhängigen Dritten oder mit einer nahestehenden Person (einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben) kommt es in erster Linie auf die Ausübung der Personalfunktion an, die dafür maßgeblich ist, dass das Unternehmen den betreffenden Geschäftsvorfall abgeschlossen und die damit verbundenen Risiken übernommen hat (Vermutungsregelung). Die Rechnungsstellung oder die Bezeichnung der Vertragspartner (z.B. die Nennung einer eingetragenen Zweigniederlassung mit eigener Handelsregisternummer) ist lediglich ein Indiz.
Fall – Anschaffung:
Unternehmen X in Staat A hat in Staat B eine Produktionsbetriebsstätte B (B). Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A erwirbt eine Maschine, deren Einsatz von vornherein speziell für Zwecke von B vorgesehen ist. Die Maschine wird entsprechend unmittelbar an B geliefert und anschließend ausschließlich von B genutzt.
Lösung:
Der Geschäftsvorfall (Kauf der Maschine) ist B nach § 9 Absatz 2 Satz 1 BsGaV zuzuordnen, wenn B entscheidend in den Erwerbsvorgang eingebunden war. Entsprechend dem Geschäftsvorfall ist auch die Maschine selbst nach § 5 Absatz 1 BsGaV B zuzuordnen.
113 Werden Personalfunktionen i.S.d. § 9 Absatz 1 Satz 1 BsGaV gleichzeitig in mehreren Betriebsstätten des Unternehmens ausgeübt, kommt es nach § 9 Absatz 1 Satz 2 BsGaV für die Zuordnung eines Geschäftsvorfalls darauf an, in welcher Betriebsstätte die Personalfunktion mit der größten Bedeutung für den Geschäftsvorfall ausgeübt wird (Funktionsaufteilung, s. Rn. 42). Diese Personalfunktion ist für den Geschäftsvorfall maßgeblich i.S.d. § 2 Absatz 4 BsGaV.
Fall – Funktionsaufteilung:
Unternehmen X im Staat A hat in Staat B eine Produktionsbetriebsstätte B (B). In der Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A wird entschieden, dass ein immaterieller Wert erworben werden soll, um bestimmte Schwierigkeiten, die die Produktionstätigkeit von B erschweren, zu lösen. B wird beauftragt, einen entsprechenden immateriellen Wert auf dem Markt zu suchen und möglichst preisgünstig zu erwerben. B ist erfolgreich; der Erwerb wird in Staat A genehmigt.
Lösung:
Der Geschäftsvorfall (Erwerb) ist B nach § 9 Absatz 1 Satz 2 BsGaV zuzuordnen, da dort die Personalfunktionen mit der größten Bedeutung im Hinblick auf die Anschaffung des immateriellen Werts ausgeübt werden (Auswahl, Verhandlungsführung). Die Personalfunktion mit der größten Bedeutung für den Geschäftsvorfall ist grundsätzlich nach qualitativen Gesichtspunkten zu bestimmen (s. Rn. 42). Eine Zuordnung auf Grundlage einer Quantifizierung der Kosten der Personalfunktionen, die mit dem Erwerb des immateriellen Werts im Zusammenhang stehen, kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn eine Zuordnung nach qualitativen Gesichtspunkten nicht möglich ist (s. Rn. 42).
2.9.2 Abweichende Zuordnung von Geschäftsvorfällen (§ 9 Absatz 2 BsGaV)
114 Ist eine im übrigen Unternehmen ausgeübte, andere als die in § 9 Absatz 1 BsGaV genannte Personalfunktion für den Geschäftsvorfall so bedeutend (Personalfunktionenkonkurrenz, s. Rn. 43), dass eindeutig eine Zuordnung erforderlich wird, die von § 9 Absatz 1 BsGaV abweicht, so ist diese andere Personalfunktion nach § 9 Absatz 2 Satz 1 BsGaV für den Geschäftsvorfall maßgeblich i.S.d. § 2 Absatz 4 BsGaV. Andere Personalfunktionen können insbesondere die Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Geschäftsvorfall, dessen Verwaltung (s. aber Rn. 80) oder dessen Risikosteuerung sein. Im Regelfall wird hierdurch ein Gleichklang der Zuordnung von Geschäftsvorfällen mit der Zuordnung der damit im Zusammenhang stehenden Vermögenswerte erreicht.
Fall (1) – Funktionsaufteilung:
Unternehmen X in Staat A hat in Staat B eine Betriebsstätte B (B). Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A erwirbt eine Maschine, deren Einsatz von vornherein für B vorgesehen ist. B war maßgeblich in den Erwerbsvorgang (Auswahl der Maschine usw.) eingebunden. Die Maschine wird unmittelbar an B geliefert und anschließend ausschließlich von B genutzt.
Lösung:
Die Maschine ist nach § 5 Absatz 1 BsGaV B zuzuordnen. Der Geschäftsvorfall (Kauf der Maschine) ist B nach § 9 Absatz 2 Satz 1 BsGaV zuzuordnen, da B maßgeblich in den Erwerbsvorgang eingebunden war. Darüber hinaus wird durch die Zuordnung des Geschäftsvorfalls zu B ein Gleichklang der Zuordnung des Geschäftsvorfalls mit der Zuordnung des damit im Zusammenhang stehenden Vermögenswerts (Maschine) erreicht. Für die fiktive Dienstleistung des übrigen Unternehmens (§ 16 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a BsGaV) gegenüber B ist ein Betrag anzusetzen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht (§ 16 Absatz 2 BsGaV).
Fall (2) – Personalfunktionenkonkurrenz:
Unternehmen X in Staat A hat in Staat B eine Betriebsstätte B (B). Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in Staat A schließt auf Anforderung von B mit einem unabhängigen Dritten einen Vertrag über eine Dienstleistung ab, die dieser ausschließlich für B erbringt.
Lösung:
Maßgebliche Personalfunktion für das Zustandekommen des Geschäftsvorfalls (Dienstvertra...