1 Allgemeines
Rz. 450
Kosten, die unter die außergewöhnlichen Belastungen nach den §§ 33–33b EStG fallen, gehören zwar zur privaten Lebensführung; sie sind aber steuerlich abzugsfähig, weil es das Einkommensteuergesetz ausdrücklich zulässt (§ 12 Satz 1 Halbs. 1 EStG).
Im Gesetz werden nur die Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen unter die außergewöhnlichen Belastungen fallen, genannt (§ 33 EStG). Lediglich einige spezielle Einzelfälle sind direkt aufgeführt (§§ 33a–33b EStG).
Rz. 451
Abzug nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte
Außergewöhnliche Belastungen werden zur Berechnung des z. v. E. nach den Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte, bei Zusammenveranlagung vom gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute, abgezogen (§ 2 Abs. 4 EStG).
Rz. 452
Einteilung der außergewöhnlichen Belastungen
Das Einkommensteuergesetz unterscheidet zwei Gruppen: Es gibt zum einen außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art, bei denen das Gesetz bestimmte Bedingungen stellt, damit der Abzug möglich ist, zum anderen einige abschließend im Gesetz aufgeführte typisierte Einzelfälle, in denen das Gesetz die Abzugsvoraussetzungen als gegeben annimmt und den Abzug immer zulässt, allerdings begrenzt auf Pausch- oder Höchstbeträge (siehe Abbildung auf der folgenden Seite).
Soweit einer der in § 33a EStG genannten typisierten Einzelfälle vorliegt, ist ein Kostenabzug nach § 33 EStG nicht möglich. In den in § 33b EStG genannten Fällen ist dagegen alternativ der Abzug nach § 33 EStG möglich bzw. eventuell zusätzlich möglich.
Der Abzug von außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art nach § 33 EStG wird im Regelfall auf der Anlage Außergewöhnliche Belastungen beantragt. Dort sind auch die typisierten Einzelfälle nach § 33b EStG (behinderte Menschen, Pflegepauschbetrag) aufgeführt.
Anlage Unterhalt für Unterhaltsleistungen
Der Abzug von Unterhaltsleistungen an nahestehende Personen nach § 33a Abs. 1 EStG ist mit der Anlage Unterhalt zu beantragen (→ Tz 596).
Soweit es sich um Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten handelt, kommt auch der Abzug als Sonderausgaben in Betracht (→ Tz 430).
Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs bei Ausbildung eines Kindes
Der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs bei der Ausbildung eines volljährigen auswärtig untergebrachten Kindes (Ausbildungsfreibetrag) wird auf Seite 2 der Anlage Kind beantragt (→ Tz 575).
2 Typisierte Einzelfälle
Rz. 453
[Steuervergünstigungen für Menschen mit Behinderung → Zeilen 4–9]
Menschen mit (körperlicher, geistiger oder psychischer) Behinderung können ab einem Grad der Behinderung von 20 % behinderungsbedingte (Mehr-)Kosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend machen. Es besteht die Wahlmöglichkeit, die Kosten im Einzelnen nachzuweisen und nach Abzug der Eigenbelastung nach § 33 EStG geltend zu machen oder einen Pauschbetrag (§ 33b EStG) in Anspruch zu nehmen.
Rz. 454
Höhe des Pauschbetrags (Staffelsätze)
Abhängig vom Grad der Behinderung verändert sich die Höhe des Pauschbetrags für Menschen mit Behinderung. Für Blinde (Merkzeichen "Bl" im Schwerbehindertenausweis), Taubblinde ("TBl"), hilflose Menschen (Merkzeichen "H" im Schwerbehindertenausweis) und schwerstpflegebedürftige Menschen (Pflegegrade 4 bzw. 5) beträgt der Pauschbetrag ab 2021 7.400 EUR (bisher 3.700 EUR) im Jahr (§ 33b Abs. 3 Satz 3 EStG).
Für andere behinderte Menschen gelten ab 2021 die folgenden Beträge (§ 33b Abs. 3 EStG) ab einem Grad der Behinderung von mindestens:
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Grad der Behinderung |
Höhe des Pauschbetrags |
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20 % |
384 EUR |
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30 % |
620 EUR |
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40 % |
860 EUR |
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50 % |
1.140 EUR |
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60 % |
1.440 EUR |
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70 % |
1.780 EUR |
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80 % |
2.120 EUR |
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90 % |
2.460 EUR |
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100 % |
2.840 EUR |
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Das Wahlrecht zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und dem Ansatz des Pauschbetrags kann im Kalenderjahr nur einheitlich ausgeübt werden. Entweder es werden für das ganze Jahr die Kosten im Einzelnen nachgewiesen oder der (höhere) Pauschbetrag kommt zum Ansatz.
Die Pauschbeträge sind immer Jahresbeträge. Unabhängig davon, ob die Behinderung während des ganzen Jahres oder nur einen Teil des Jahres bestanden hat, kann der Pauschbetrag stets in voller Höhe angesetzt werden (keine monatliche Aufteilung). Ändert sich der Grad der Behinderung im Laufe des Jahres, ist der höhere Pauschbetrag anzusetzen (R 33b Abs. 8 EStR 2012).
Rz. 455
Nachweis der Behinderung
Der Abzug von behinderungsbedingten Mehraufwendungen setzt voraus, dass der Grad der Behinderung nachgewiesen ist (§ 65 EStDV).
Ein Grad der Behinderung unter 50 % ist bei einem erstmaligen Antrag durch geeignete Unterlagen (Bescheinigung des Versorgungsamts bzw. der zuständigen Behörde oder Rentenbescheid) nachzuweisen. Ab einem Grad der Behinderung von 50 % ist bei erstmaliger Geltendmachung die Vorlage des Schwerbehindertenausweises erforderlich. Im Ausweis stehen ggf. auch die Merkmale "blind (Bl)", taubblind (TBl) oder "hilflos (H)". Die Einstufung in die Pflegegrade 4 oder 5 wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung bescheinigt.
Rz. 456
Wirkung des Paus...