Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 994
Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung werden weitgehend gleich behandelt (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Der hierbei erzielte Gewinn bzw. Verlust gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Arbeit. Der Gewinn ist aber bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale steuerlich begünstigt.
Rz. 995
Folgen der Betriebseinstellung |
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ruhender Geschäftsbetrieb |
Betriebsverpachtung des gesamten Betriebs |
Betriebsveräußerung oder -aufgabe |
Aufgabegewinn |
nein |
nein |
ja, ggf. Begünstigung nach §§ 16, 34 EStG |
laufende Einkünfte |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 15 EStG |
nur nach Betriebsaufgabe: Einkünfte aus V+V § 21 EStG |
Gewerbesteuer |
ja |
nein |
nein |
Rz. 996
Die Betriebsaufgabe liegt vor, wenn alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang und innerhalb kurzer Zeit veräußert oder in das Privatvermögen überführt werden. Dieses kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, wenn alles auf einem einheitlichen Aufgabeentschluss beruht (BFH, Urteil v. 3.9.2009, IV R 61/06, BFH/NV 2010 S. 404).
Auch die Aufgabe oder Veräußerung eines Teilbetriebs fällt unter die Vorschrift.
Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen (BFH, Urteil v. 18.8.2009, X R 20/06, BFH/NV 2010 S. 92), aber auch solche, in denen erhebliche stille Reserven enthalten sind. Damit sind Grundstücke und Gebäude fast immer wesentliche Betriebsgrundlagen.
Keine Betriebsaufgabe liegt bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung, Betriebsverlegung oder -unterbrechung vor. Bei der Betriebsunterbrechung handelt es sich um eine nur vorübergehende Betriebsstillegung.
Rz. 997
Neben der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen ist die Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit Voraussetzung für das Vorliegen einer begünstigten Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 EStG. Bei der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis ist es unschädlich, wenn einzelne Mandate zurückbehalten werden, auf die in den letzten drei Jahren weniger als 10 % der gesamten Einnahmen entfielen. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung nicht entgegen und zwar auch dann nicht, wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst (BFH, Beschluss v. 11.2.2020, VIII B 131/19, BFH/NV 2020 S. 507).
Offen ist, ob diese Grundsätze auf die Veräußerung eines Gewerbebetriebs übertragbar sind; unschädlich ist jedenfalls die spätere Tätigkeit des Veräußerers für den Erwerber (BFH, Urteil v. 17.7.2008, X R 40/07, BFH/NV 2008 S. 2099).
Rz. 998
Verpachtet ein Unternehmer den ganzen Betrieb, mindestens die wesentlichen Betriebsgrundlagen, hat er das Wahlrecht, die Betriebsaufgabe zu erklären oder den Betrieb als ruhenden Betrieb fortzuführen. Bei Erklärung der Betriebsaufgabe liegen zukünftig Einkünfte aus V+V vor, anderenfalls weiterhin Einkünfte aus der bisher erzielten Einkunftsart (z. B. Gewerbebetrieb). Die Aufgabeerklärung ist zeitnah gegenüber dem Finanzamt abzugeben. Die Erklärung der Aufgabe eines verpachteten Betriebs muss klar und eindeutig sein. Die Entscheidung muss unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Das kann, insbesondere bei nachträglichen Mitteilungen z. B. im Rahmen der Steuererklärung, problematisch sein (BFH, Urteil v. 3.4.2014, X R 16/10, BFH/NV 2014 S. 1038).
Rz. 999
Als Sonderformen der Betriebsaufgabe kommen in Betracht:
Rz. 1000
[Veräußerungsgewinn → Zeilen 31 ff.]
Der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes (oder Teilbetriebs) wirkt sich auf die Einkommensteuer aus, soweit er auf eine natürliche Person entfällt, i. d. R. jedoch nicht auf die Gewerbesteuer (§ 7 Satz 2 GewStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG).
Rz. 1001
Nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises für den Verkauf eines Gewerbebetriebs wirken steuerrechtlich stets auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück (BFH, Urteil v. 19.7.1993, GrS 2/92, BStBl 1996 II S. 369). Das ist z. B. der Fall, wenn die gestundete Kaufpreisforderung für die Veräußerung eines Gewerbebetriebs zu einem nach der Veräußerung liegenden Zeitpunkt, insbesondere in einem späteren Vz., ganz oder teilweise uneinbringlich wird.
Ebenso ist der Fall zu beurteilen, wenn sich der Veräußerungspreis aufgrund einer Vertragsklausel nachträglich ändert.
Rz. 1002
[Veräußerungsfreibetrag → Zeile 31]
Hat der Steuerpflichtige im Zeitp...