Rz. 708
[Günstigerprüfung → Anlage KAP Zeile 4]
Erträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, bleiben bei der Einkommensteuerveranlagung grundsätzlich außer Betracht. Der Steuerpflichtige kann jedoch beantragen, dass diese Einkünfte in die Veranlagung einzubeziehen sind (Günstigerprüfung).
Der Antrag muss spätestens mit Abgabe der Einkommensteuererklärung gestellt werden (BFH, Urteil v. 28.7.2015, VIII R 50/14, BFH/NV 2015 S. 1624).
Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wird dann auf die Einkommensteuer angerechnet. Dieses ist von Interesse, wenn die Grenzsteuerbelastung geringer ist als 25 %. Das Finanzamt prüft dann, ob der persönliche Einkommensteuersatz günstiger ist als die Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 6 EStG).
Wenn sich der Grenzsteuersatz auf Zinseinnahmen auswirkt
Ein Steuerpflichtiger E hat in 2019 ein z. v. E. von 24.500 EUR erzielt. Darauf entfällt eine Jahressteuer von 3.648 EUR. Das entspricht einem Steuersatz von 14,89 %. Trotzdem bleibt die Abgeltungsteuer günstiger. Grenzsteuersatz ist der Steuersatz, der auf den letzten Euro des z. v. E. angewandt wird. Im Beispiel beträgt dieser Satz 28,40 % und übersteigt damit den Abgeltungsteuersatz von 25 %.
Günstigerprüfung
Im Zweifel machen Sie auf der Anlage KAP ein Kreuz und beantragen die Günstigerprüfung. Dann prüft das Finanzamt, ob der Grenzsteuersatz günstiger ist.
Rz. 709
[Überprüfung des Steuereinbehalts → Anlage KAP Zeile 5]
Daneben kann noch beantragt werden, die Berechnung der Abgeltungsteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu überprüfen.
§ 32d Abs. 4 EStG sieht insbesondere in Fällen
den Antrag als sinnvoll an.
Rz. 710
Der Antrag kann nur
- für alle der Abgeltungsteuer unterliegenden Erträge und
- von Ehegatten gemeinsam
gestellt werden.
Auch auf diese Einkünfte wird nicht die tarifliche Einkommensteuer angewandt, sondern der Steuersatz, wie er bei der Abgeltungsteuer Anwendung findet. Ein über die Pauschbeträge hinausgehender Werbungskostenabzug ist allerdings ausgeschlossen.
Rz. 711
Die Finanzverwaltung vertritt in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung, dass derartige Wahlrechte fristgebunden sind und nur bis zum Eintritt der Bestandskraft ausgeübt werden können, mit der Folge, dass nachträgliche Korrekturen grundsätzlich ausgeschlossen sind, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die Ausübung des Wahlrechts grob fahrlässig oder versehentlich unterlassen hat.
Rz. 712
Zusammenfassende Übersicht
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besonderer Steuersatz |
tarifliche ESt |
Teileinkünfteverfahren |
Sparer-PB |
WK-Abzug |
Steueranrechnung |
Dem besonderen Steuersatz von 25 % unterliegen grundsätzlich: |
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- alle laufenden Kapitaleinkünfte
- Veräußerungsgewinne aus Wertpapierverkäufen
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ja |
nein |
nein |
ja |
nein |
nein |
Der besondere Steuersatz ist nicht anzuwenden:
- betriebliche Erträge
- nahestehende Personen, Zahlungen sind Betriebsausgaben oder Werbungskosten,
- Beteiligung > 10 %
- Back-to-back-Finanzierung,
- verdeckte Gewinnausschüttung, die das Einkommen der Körperschaft gemindert hat.
|
nein |
ja |
teilweise |
nein |
ja |
ja |
Übrige Einkünfte i. S. v. § 20 EStG, für die keine Abgeltungsteuer einbehalten wurde |
ja |
nein |
nein |
ja |
nein |
ja |
Auf Antrag werden die Einkünfte bei der ESt-Veranlagung berücksichtigt: |
nein |
ja |
ja |
nein |
ja |
ja |
- Beteiligung ≥ 25 %
- Beteiligung ≥ 1 % und beruflich für die Gesellschaft tätig mit maßgeblichem Einfluss
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Veranlagungsoptionen |
nein |
ja |
nein |
ja |
nein |
ja |
|
ja |
nein |
nein |
ja |
nein |
ja |
- nicht ausgeschöpftem Sparer-Pauschbetrag,
- Ersatzbemessungsgrundlage nach § 43a Abs. 2 Satz 7 EStG,
- Verlustberücksichtigung im Rahmen der Veranlagung,
- nicht berücksichtigten ausländischen Steuern.
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Rz. 713
Fehlerberichtigung
Fehler, die z. B. die Bank bei Einbehalt und Abführung der Kapitalertragsteuer macht und die erst nach Ablauf eines Kalenderjahres aufgedeckt werden, dürfen nach § 20 Abs. 3a Satz 1 EStG im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nur mit Wirkung für die Zukunft korrigiert werden.