Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
1 Allgemeines
Rz. 727
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG gehören insbesondere
- laufende Einkünfte, wie z. B. Zinsen und Dividenden (§ 20 Abs. 1 EStG),
- Veräußerungsgewinne z. B. aus der Veräußerung von Wertpapieren (§ 20 Abs. 2 EStG),
- besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Abs. 1 und 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden.
Entscheidend für den Zeitpunkt der Versteuerung ist der Zufluss (§ 11 EStG).
Weitere Einzelheiten sind insbesondere zu finden in:
BMF, Schreiben v. 20.4.2016, IV C 1 – S 2404/10/10005, BStBl 2016 I S. 475
BMF, Schreiben v. 16.6.2016, IV C 1 – S 2404/14/10001:005, BStBl 2016 I S. 527
BMF, Schreiben v. 3.5.2017, IV C 1 – S 2404/08/10004:020, BStBl 2017 I S. 739
BMF, Schreiben v. 19.12.2017, IV C 1 – S 2405/0:008, BStBl 2018 I S. 52
BMF, Schreiben v. 12.4.2018, IV C 1 – S 2252/08/10004:021, BStBl 2018 I S. 624
BMF, Schreiben v. 17.1.2019, IV C 1 – S 2252/08/10004:023, BStBl 2019 I S. 51
BMF, Schreiben v. 10.5.2019, IV C 1 – S 2252/08/10004:026, BStBl 2019 I S. 464
BMF, Schreiben v. 19.2.2021, IV C 1 – S 2252/19/10003:007, BStBl 2021 I S. 296
BMF, Schreiben v. 3.6.2021, IV C 1 -S 2252/19/10003:002, BStBl 2021 I S. 723
BMF, Schreiben v. 19.5.2022, IV C 1 -S 2252/19/10003 :009, BStBl 2022 S. 742
Rz. 728
Zu den laufenden Einkünften gehören
Rz. 729
Seit 2009 unterliegen u. a. Kapitalerträge von Privatpersonen nicht mehr dem normalen (progressiven) Einkommensteuertarif. Stattdessen muss z. B. die auszahlende Bank eine 25%ige Abgeltungsteuer zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer (→ Tz 763) einbehalten. Mit diesem Einbehalt ist die Steuerschuld des Anlegers regelmäßig abgegolten. Die Anrechnung der einbehaltenen Steuerbeträge im Rahmen der Veranlagung entfällt.
Grundsätzlich fallen alle Kapitalerträge unter die Abgeltungsteuer, z. B.
- Zinsen auf Spareinlagen,
- Zinsen auf festverzinsliche Wertpapiere,
- Erträge auf Anteile an Investmentfonds,
- Dividendenzahlungen, aber auch
- Gewinne aus der Veräußerung von privaten Kapitalanlagen.
Rz. 730
Die wichtigsten Ausnahmen: Wenn
- Erträge, im Rahmen eines Betriebes (gewerblich, freiberuflich) anfallen,
- Gläubiger und Schuldner eines Darlehens nahestehende Personen sind und die Zahlungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind,
- Gläubiger eines Darlehens oder eine ihm nahestehende Person zu mehr als 10 % beteiligt ist und die Zahlungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind,
- Back-to-back-Finanzierungen vorliegen oder
- verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen, die das Einkommen der Körperschaft gemindert haben,
fallen diese nicht unter die Abgeltungsteuer und sind im Rahmen der Einkünfteermittlung in der ESt-Veranlagung zu erfassen.
2 Spezielle Einkünfte aus Kapitalvermögen
Rz. 731
[Einkünfte aus einer unternehmerischen Beteiligung → Anlage KAP Zeilen 31–32b]
Anteilseigner von Kapitalgesellschaften können ihre Erträge auf Antrag der individuellen ESt unterwerfen, wenn sie
- zu mindestens 25 % beteiligt sind oder
- zu mindestens 1 % beteiligt und durch eine berufliche Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann (Gesetzesänderung, gültig ab 2017).
Zu berücksichtigen sind nur unmittelbare Beteiligungen (FG Düsseldorf, Urteil v. 10.5.2017, 7 K 3226/16 E, rkr., EFG 2017 S. 275).
In diesen Fällen sind die Erträge wie bisher im Rahmen der Einkommensteuererklärung anzusetzen und unterliegen dem persönlichen Steuersatz. Die einbehaltene Steuer hat den Charakter einer Steuervorauszahlung.
In Zeile 32 sind die Einkünfte einzutragen, d. h. der Betrag der Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten.
Der Antrag ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Vz. zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Vz., ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG). Auch wenn einem Gesellschafter ausschließlich vGA zugeflossen sind, die er als Einnahmen aus einer anderen Einkunftsart als den Kapitaleinkünften erklärt hat und die erst nachträglich zutreffend als Kapitalerträge besteuert werden, kann er das Wahlrecht zur Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren nicht mehr ausüben (BFH, Urteil v. 14.5.2019, VIII R 20/16, BFH/NV 2019 S. 1168)....