Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
[Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte → Zeilen 30–53, eZeile 54]
Sie können für die Fahrten zwischen Wohnung und Ihrer (ortsfesten) ersten Tätigkeitsstätte, unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel (auch bei Firmenwagennutzung und Fahrgemeinschaften) und unabhängig davon, ob Sie tatsächliche Kosten hatten, eine Pauschale von 0,30 EUR bzw. 0,38 EUR ab dem 21. Kilometer für jeden vollen Entfernungskilometer (Entfernungspauschale) geltend machen. Die Regelung gilt auch für Arbeiter mit einer großräumigen ersten Tätigkeitsstätte und Arbeitnehmer, die in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet (z. B. Forstarbeiter) arbeiten, aber nur bezüglich der Entfernung des zur Wohnung nächstgelegenen Eingangs zum Tätigkeitsgebiet.
Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind alternativ die, die Entfernungspauschale übersteigenden, höheren tatsächlichen Kosten abzugsfähig (Kennzahl 114). Auch behinderte Menschen können u. U. höhere Kosten absetzen (s. u.). Flugkosten und Ausgaben für eine Fähre sind in tatsächlicher Höhe abziehbar (Zeile 64). Zusätzlich zur Entfernungspauschale sind Kosten, die durch einen Unfall auf einer Fahrt zur bzw. von der Arbeitsstätte entstanden sind, abzugsfähig (vgl. Erläuterungen zu den Zeilen 64–66).
Kein Abzug ist für Wegstrecken möglich, auf denen Sie von Ihrem Arbeitgeber (lohnsteuerfrei) mit betrieblichen Fahrzeugen befördert werden (Sammelbeförderung). Dies erkennt das Finanzamt an dem auf der LSt-Bescheinigung (unter Nr. 2) eingetragenen Großbuchstaben F.
Wechselnde Einsatzorte oder Tätigkeit auf Fahrzeugen
Sind Sie keiner ortsgebundenen betrieblichen Einrichtung Ihres Arbeitgebers fest zugeordnet, sondern im Wesentlichen z. B. an ständig wechselnden Einsatzorten, auf einem Fahrzeug oder bei Kunden des Arbeitgebers tätig, können Sie im Regelfall höhere Kosten abziehen (vgl. Erläuterungen zu den Zeilen 68 ff.).
Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte werden im Regelfall nicht in tatsächlicher Höhe berücksichtigt, sondern sind (nur) mit einer Entfernungspauschale abgegolten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG). Ausnahmeregelungen gelten für behinderte Menschen und bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Entfernungspauschale: BMF, Schreiben v. 18.11.2021, IV C 5 – S 2351/20/10001:002, BStBl 2021 I S. 2315, zum Begriff erste Tätigkeitsstätte und Auswärtstätigkeit: BMF, Schreiben v. 25.11.2020, IV C 5 – S 2353/19/10011:006.
Besondere Bestimmungen für Auswärtstätigkeiten
Die folgenden Ausführungen gelten grds. nur für Arbeitnehmer, die eine erste Tätigkeitsstätte haben und nur, soweit sie an dieser Stelle tätig werden. Ansonsten handelt es sich begrifflich um "Auswärtstätigkeiten", bei denen ein höherer (Reise-)Kostenabzug möglich ist.
[Erste Tätigkeitsstätte → Zeilen 30–37]
In den Zeilen 30–37 machen Sie Angaben zu Ihrer ersten Tätigkeitsstätte, der Anzahl der Arbeitstage sowie zu Ihren Urlaubs- und Krankheitstagen. Für Arbeitnehmer, die stets zur selben (Arbeitgeber-)Einrichtung (= Sammelpunkt) fahren und von dort aus ihre Tätigkeit beginnen (z. B. Fahrtätigkeit ab Busdepot) oder ihren Tätigkeitsort (z. B. Baustelle) aufsuchen, sind die Fahrten zum Sammelpunkt (Zeile 30) hier wie Wege zur ersten Tätigkeitsstätte zu erfassen. Dasselbe gilt auch für Arbeitnehmer mit einem weiträumigen Arbeitsgebiet bezüglich der Entfernung zu dem der Wohnung am nächsten liegenden Eingang ins Arbeitsgebiet. Arbeitnehmer, die keiner festen betrieblichen Einrichtung zugeordnet sind (ohne erste Tätigkeitsstätte) bzw. keinen Sammeltreffpunkt arbeitstäglich aufsuchen, sondern direkt auswärts (z. B. bei Kunden, auf Baustellen) tätig werden, nehmen hier keine Eintragungen vor (vgl. Auswärtstätigkeit Zeilen 68 ff).
Begriff "erste Tätigkeitsstätte"
Eine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG) erfordert stets eine ortsfeste (mit dem Erdboden verbunden und standortgebunden genutzte) betriebliche Einrichtung. Fahrzeuge (Linien-, Fernbusse, Züge, Straßenbahnen, Lkw etc.). Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen können keine erste Tätigkeitsstätte sein. Der Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben, ggf. aber auch nur auswärtige Tätigkeitsstätten. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer dieser Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet ist und dort seine Tätigkeit ausübt. Nicht erforderlich ist, dass er dort den dauerhaften Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit hat. Es muss sich auch nicht zwingend um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handeln. Möglich ist eine erste Tätigkeitsstätte auch bei einem verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG; Tochterfirma, Outsourcing) oder in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung eines Dritten (z. B. Kunden des Arbeitgebers). Dies hat gravierende Folgen z. B. bei Zeitarbeitnehmern. Häusliche Arbeitszimmer oder ein Homeoffice sind keine erste Tätigkeitsstätte.
Die Beurteilung erfolgt nach folgenden im EStG genannten Grundsätzen:
Die dauerhafte Zuordnung zu ei...