1 Allgemeines
Rz. 374
Sonderausgaben gehören zu den Kosten der privaten Lebensführung. Nach § 12 Satz 1 EStG sind sie ausdrücklich vom Abzugsverbot ausgenommen. Die als Sonderausgaben abziehbaren Beträge sind in §§ 10 bis 10c EStG abschließend aufgezählt.
Bei den Sonderausgaben wird zwischen Vorsorgeaufwendungen und anderen Sonderausgaben unterschieden.
2 Grundsätze zu Sonderausgaben
Rz. 375
Allgemeine Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug
Neben besonderen Voraussetzungen für einzelne Arten von Sonderausgaben sind folgende Punkte bei allen Sonderausgaben zu beachten:
- Ein Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug geht dem Abzug von Sonderausgaben vor.
- Sonderausgaben kann nur abziehen, wer unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
- Sonderausgaben kann grds. nur derjenige geltend machen, der sie selbst schuldet (Versicherungsnehmer) und selbst bezahlt. Bei zusammen veranlagten Ehegatten kommt es für den Sonderausgabenabzug nicht darauf an, welcher Ehegatte sie geleistet hat. In diesem Fall werden die Ehegatten wie ein Steuerpflichtiger behandelt. Ausnahme: Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegepflichtversicherung eines Kindes bzw. des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten;
- Sonderausgaben können aus eigenen Mitteln oder unter Inanspruchnahme von Krediten geleistet werden.
- Sonderausgaben können nur im Jahr der Zahlung (Abfluss) gem. § 11 Abs. 2 EStG abgezogen werden. Dies gilt auch, wenn die Sonderausgaben mit Darlehensmitteln bestritten werden.
- Eine Ausnahme kann bei regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben bestehen:
Abzugsjahr bei regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen
Die Beiträge zur privaten Haftpflichtversicherung für 2020 sind am 1.1.2020 fällig und werden bereits am 28.12.2019 bezahlt. Liegen Fälligkeit und Zahlung innerhalb des Zeitraums vom 22.12.2019 bis zum 10.1.2020, sind die Beiträge zur Haftpflichtversicherung, abweichend vom Zahlungsprinzip, nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (2020) und nicht im Jahr der Zahlung als Sonderausgaben abziehbar.
Rz. 376
Erstattungen
Erstattungen, Rückzahlungen oder Zuschüsse sind grds. mit gleichartigen Leistungen zu verrechnen (§ 10 Abs. 4b EStG). Dabei ist bei der Prüfung der Gleichartigkeit auf den jeweiligen Zweck der Sonderausgaben abzustellen (→ Tz 523).
Erstattete Sonderausgaben sind keine Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart.
2.1 Pauschaler Sonderausgabenabzug
Rz. 377
Für Vorsorgeaufwendungen gibt es nur noch im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens einen pauschalen Abzug in Form der Vorsorgepauschale (§ 39b EStG).
Für (andere) Sonderausgaben, die nicht Vorsorgeaufwendungen sind, wird ein Sonderausgabenpauschbetrag abgezogen, wenn insgesamt keine oder keine höheren Sonderausgaben geltend gemacht werden (§ 10c EStG).
Der Sonderausgabenpauschbetrag beträgt im Fall der Einzelveranlagung 36 EUR und bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten 72 EUR.
2.2 Kirchensteuer
Rz. 378
[Kirchensteuer → Zeile 4]
Die im Vz. gezahlte Kirchensteuer kann nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Sonderausgabe abgezogen werden. Kirchensteuer ist eine Geldleistung, die einzelne, als juristische Personen des öffentlichen Rechts anerkannte, Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern auf der Grundlage eines Kirchensteuergesetzes erheben (→ Tz 352). Die Kirchensteuer wird i. d. R. im Auftrag der Kirchen durch die Länderfinanzbehörden, die dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten, als Zuschlagsteuer zur Einkommen- bzw. Lohnsteuer erhoben. In einzelnen Bundesländern verwalten die Kirchen die Steuer selbst.
Rz. 379
Bemessungsgrundlage der Kirchensteuer ist die Einkommensteuer (auch in Form der Kapitalertragsteuer und der Lohnsteuer). Sind beim Steuerpflichtigen Kinder zu berücksichtigen, ist von der Einkommensteuer auszugehen, die sich nach Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder ergibt oder ergeben würde. Dabei wird zur Ermittlung der festzusetzenden Kirchensteuer das z. v. E. des Steuerpflichtigen auch dann um die Freibeträge für Kinder gemindert, wenn beim Steuerpflichtigen das Kindergeld günstiger als die Freibeträge für Kinder ist und bei der Festsetzung der Einkommensteuer selbst keine Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen sind (§ 51a Abs. 2 S. 1 EStG). Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 40 EStG i. Z. m. Erträgen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (Dividenden, Veräußerungserlöse) sind für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung nicht zu beachten. Insoweit erhöht sich das z. v. E. Die Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 35 EStG ist für Zwecke der Kirchensteuerfestsetzung ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Die Kirchensteuer beträgt 8 % (Baden-Württemberg und Bayern) bzw. 9 % (andere Bundesländer) der Einkommen- und Lohnsteuer. Als Sonderausgabe abziehbar ist die gesetzlich geschuldete und tatsächlich gezahlte Kirchensteuer im Inland. Dazu gehören auch die vom Arbeitgeber abgeführte Kirchenlohnsteuer, die vom Steuerpflichtigen vierteljährlich vorausgezahlte oder für Vorjahre nachgezahlte Kirchensteuer und das besondere Kirchgeld.
Auch Kirchensteuerzahlungen an Religionsgemeinschaften in einem anderen ...