1.1 Abgrenzung gegenüber anderen Einkunftsarten
Rz. 753
Der einkommensteuerrechtliche Begriff der Vermietung und Verpachtung (V+V) erstreckt sich nur auf die Überlassung von Wirtschaftsgütern, die in § 21 EStG abschließend aufgezählt sind und zum Privatvermögen gehören. Soweit eine Vermietung von Betriebsvermögen (z. B. Maschinen, Fabrikgebäude, kurzfristige Vermietung von Hotelzimmern mit entsprechenden Nebenleistungen oder kurzfristige Vermietung von Pkw-Stellplätzen) vorliegt, ist das Subsidiaritätsprinzip (Unterordnungsprinzip) des § 21 Abs. 3 EStG zu beachten; die Vermietungseinkünfte gehören zu den Gewinneinkünften. Vermietet ein Arbeitnehmer einen von ihm selbst als Arbeitszimmer oder Büro genutzten Raum seines – im Übrigen selbst genutzten Eigenheims – an seinen Arbeitgeber (Homeoffice), erzielt er nur dann Einkünfte aus V+V, wenn die Nutzung des Raumes dem vorrangigen Interesse des Arbeitgebers dient. Ansonsten ist die Zahlung des Arbeitgebers für die Überlassung des Raumes, Arbeitslohn i. S. d. § 19 EStG. Der Arbeitnehmer kann Werbungskosten nur geltend machen, wenn eine objektbezogene Prognose die erforderliche Überschusserzielungsabsicht belegt (BFH, Urteil v. 17.4.2018, IX R 9/17, BFH/NV 2018 S. 1102; → Tz 777).
1.2 Vermietungstatbestände nach § 21 EStG
Rz. 754
Unter die Einkunftsart V+V fallen vor allem die Vermietung und Verpachtung von
- unbebauten und bebauten Grundstücken,
- Grundstücksteilen (einzelne Gebäude, Gebäudeteile, (Eigentums-)Wohnungen, einzelne Räume) und grundstücksgleichen Rechten (z. B. Erbbau-, Mineralgewinnungs- oder Fischereirechte (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Weiterhin ist die Vermietung und Verpachtung von
- Sachinbegriffen zu erfassen (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 EStG). "Sachinbegriff" ist eine Mehrheit beweglicher Sachen, die durch einen gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck zu einer Einheit verbunden sind (z. B. die Wohnungsreinrichtung einer möbliert vermieteten Wohnung oder die Betriebsvorrichtungen eines aufgegebenen Gewerbebetriebs, die zuvor ins Privatvermögen übertragen wurden; → Tz 793).
Zu den Einkünften aus V+V gehören auch
- die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten, insbesondere von schriftstellerischen, künstlerischen und gewerblichen Urheberrechten (z. B. Lizenzen aus der Überlassung eines privaten Patents; § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG), und
- die Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, die einen vorgenannten Gegenstand betreffen (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
1.3 Zurechnung der Einkünfte
Rz. 755
Grundsatz
Einkünfte aus V+V werden der Person zugerechnet, die den Tatbestand der Einkunftsart V+V nach § 21 EStG verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt. Das ist derjenige, der Sachen und Rechte an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt. Entscheidend dabei ist das Außenverhältnis zum Mieter.
Einkünfte aus V+V versteuert somit nicht nur der Eigentümer der Sache oder des Rechts. Auch der Mieter eines Grundstücks oder entsprechenden Rechts, der den Gegenstand aufgrund einer gesicherten Rechtsposition (z. B. Miet- oder Pachtvertrag) weitervermieten kann (Untervermietung), erzielt in seiner Person Einkünfte aus V+V. Eine gesicherte Rechtsposition liegt vor, wenn dem Nutzer der Gebrauch des Grundstücks oder Rechts für eine bestimmte Zeit nicht entzogen werden kann.
Rz. 756
Einkünfte aus V+V sind einem Treugeber zuzurechnen, wenn ein Treuhänder den Mietvertrag im eigenen Namen abschließt. Weitere Voraussetzung ist, dass der Treuhänder dabei ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt und der Treugeber nach der Ausgestaltung gegenüber dem Treuhänder eine derart beherrschende Stellung einnimmt, dass er (der Treugeber) wirtschaftlich die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis trägt (vertiefend s. BMF, Schreiben v. 1.9.1994, IV B 3 – S 2253a – 15/94, BStBl 1994 I S. 604). Bei Zwangsverwaltung oder Testamentsvollstreckung sind die Einkünfte nicht dem Verwalter oder Testamentsvollstrecker zuzurechnen.
Hinweis: Wichtiges zum Thema "Nießbrauch" finden Sie auch auf http://mybook.haufe.de unter "Weiterführende steuerliche Informationen".
1.4 Einkünfteerzielungsabsicht/Liebhaberei
Rz. 757
Eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung im Bereich der Überschusseinkünfte setzt die Absicht voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Folglich liegen keine Einkünfte aus V+V vor, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht fehlt (Liebhaberei).
Allerdings fordert der BFH nicht in allen Fällen eine einzelfallbezogene Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht. Bei den Einkünften aus V+V geht der BFH nach ständiger Rspr. bei einer auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich ohne weitere Prüfung vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht aus (z. B. BFH, Urteil v. 6.11.2001, IX R 97/00, BFH/NV 2002 S. 413). Dies gilt nur dann nicht, wenn besondere Umstände oder Beweisanzeichen gegen das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht sprechen. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jedes einzelne vermietete Gebäudeteil/Objekt gesondert zu prüfen (BFH, Urteil v. 9.10.2013, IX R 2/13, BFH/NV 2014 S. 950).
Verbot der Bescheidänderung bei Kenntnis des Sachverhalts
Lt. FG Münster darf das Finanzamt einen Steuerbeschei...