Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
[Vermietung an Angehörige → Zeilen 9, 19, 22 und 23]
Einnahmen für an Angehörige vermietete Wohnungen (ohne Umlagen) sind aus einkommensteuerrechtlicher Sicht besonders zu prüfen. Zum einen ist zu klären, ob das Mietverhältnis mit dem Angehörigen dem Grunde nach steuerlich anerkannt werden kann, zum anderen werden solche Wohnungen oft teilentgeltlich oder verbilligt überlassen.
Bei der Vermietung an Angehörige wird das Mietverhältnis daraufhin geprüft, ob es wie unter Fremden vereinbart und durchgeführt worden ist. Außerdem wird die verbilligte Überlassung (tatsächliche Miete < 50 % der ortsüblichen Miete) geprüft. Beträgt die tatsächliche Miete mindestens 50 %, aber weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete, ist eine Totalüberschussprognose durchzuführen. Ggf. werden die abziehbaren Werbungskosten nur anteilig berücksichtigt (Zeilen 87 und 88).
Soweit keine Mieteinnahmen vorliegen und auch nicht erkennbar sind oder es sich um eine verbilligte Überlassung handelt, können die Aufwendungen nicht oder nur teilweise als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Verbilligte oder teilentgeltliche Wohnungsüberlassung
Entspricht die tatsächliche Miete nicht der ortsüblichen Marktmiete, muss ggf. geprüft werden, ob eine verbilligte Überlassung vorliegt. Dabei wird die tatsächliche Miete zzgl. Nebenkosten (Warmmiete) mit der ortsüblichen Miete zzgl. Nebenkosten verglichen. Als Nebenkosten (Umlagen) sind alle nach § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähigen Betriebskosten zu erfassen. Die ortsübliche Marktmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel (BFH, Urteil v. 6.2.2018, IX R 14/17, BFH/NV 2018 S. 849). Dazu gehören sowohl der einfache als auch der qualifizierte Mietspiegel (§§ 558c, 558d BGB).
Jeder der Mietwerte im Rahmen einer Spanne zwischen mehreren Mietwerten für vergleichbare Wohnungen, den der Mietspiegel ausweist – also nicht nur der Mittelwert – kann die Marktmiete i. S. des § 21 Abs. 2 EStG darstellen und ist als ortsüblich anzusehen (BFH, Urteil v. 22.2.2021, IX R 7/20, BFH/NV 2021 S. 856).
Der örtliche Mietspiegel kann allerdings nicht zugrunde gelegt werden, wenn er mangelhaft ist, z. B. nicht regelmäßig angepasst wird oder die Datenerhebung fehlerhaft ist. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, eine Mietdatenbank i. S. des § 558e BGB oder die Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen (mindestens drei Wohnungen, die nach Adresse, Lage und Stockwerk benannt werden) heranzuziehen (BGH, Urteil v. 20.9.1982, VIII ARZ 1/82, BGHZ 84 S. 392). Der BFH hat sich der Auffassung des BGH angeschlossen. Ohne Mietspiegel verlangt die ortsübliche Marktmiete die Heranziehung von mindestens drei Vergleichswohnungen (BFH, Urteil v. 22.2.2021, IX R 7/20, BFH/NV 2021 S. 479). Die Nutzungsüberlassung ist in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken (Kaltmiete und gezahlte Umlagen = Warmmiete; BFH, Urteil v. 10.5.2016, IX R 44/15, BFH/NV 2016 S. 1610) weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete (Kaltmiete zzgl. der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten) beträgt (§ 21 Abs. 2 EStG; R 21.3 EStR 2023).
Beträgt das tatsächliche Entgelt mindestens 66 % der ortsüblichen Warmmiete, liegt eine voll entgeltliche Überlassung vor und die WK sind in voller Höhe abziehbar.
Beträgt das Entgelt mindestens 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist eine Totalüberschussprognose vorzunehmen. Fällt diese positiv aus, werden die WK nicht gekürzt. Bei einem negativen Ergebnis ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen und die Aufwendungen sind nur teilweise als WK abziehbar.
Liegt eine verbilligte Überlassung vor, können die geltend gemachten Aufwendungen nur anteilig als Werbungskosten abgezogen werden. Sie sind abziehbar, soweit sie auf den entgeltlichen Teil entfallen. Der abziehbare Teil ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen tatsächlicher Miete und ortsüblicher Miete. Der Schlüssel zur Kürzung der Werbungskosten ist in die Zeilen 87 oder 88 einzutragen. Erfolgt die Wohnungsüberlassung unentgeltlich, sind Aufwendungen, die auf diese Wohnung entfallen, nicht als WK abziehbar.
Sonderfälle bei Überlassung von Wohnraum
Vermietung zu beruflichen Zwecken
Die Regelung des § 21 Abs. 2 EStG ist nur auf Wohnungen anzuwenden, die zu Wohnzwecken vermietet werden. Bei Überlassung von Raumeinheiten zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken, ist individuell die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen (BFH, Beschluss v. 29.3.2022, IX B 18/21, BFH/NV 2022 S. 720). Ggf. ist ein entsprechender anteiliger Werbungskostenabzug vorzunehmen.
Verbilligte Überlassung auch bei Vermietung an Fremde
Die Regelung der verbilligten Überlassung nach § 21 Abs. 2 EStG ist auf alle Mietverträge anzuwenden, bei denen eine Wohnung zu Wohnzwecken ve...