Dipl.-Finanzwirt (FH) Nikolaus Zöllner
4.2.1 Selbst erstellte Standardsoftware
Soweit durch einen Werkvertrag Individualsoftware für einen bestimmten Auftraggeber erstellt und an diesen veräußert wird, ist sie beim bilanzierenden Programmierer im Umlaufvermögen zu aktivieren. Selbst erstellte Software, an der nur Lizenzen veräußert werden (zeitliches Nutzungsrecht an der Software), stellt hingegen Anlagevermögen dar.
Handelsrechtlich besteht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens grundsätzlich ein Bilanzierungswahlrecht. Handelt es sich hingegen um selbsterstellte Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände, gilt auch handelsrechtlich ein ausdrückliches Aktivierungsverbot. Steuerrechtlich besteht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein ausnahmsloses, striktes Aktivierungsverbot.
Selbst erstellte Software als Anlagevermögen eines Softwareunternehmens
Ein Softwareunternehmen entwickelt eine Standardsoftware und überlässt diese anschließend verschiedenen Kunden zur Nutzung gegen eine Lizenzgebühr; das Vollrecht an der Software verbleibt beim Softwareunternehmer.
Ergebnis: Eine Zuordnung zum Umlaufvermögen kommt nicht in Betracht, weil die Einräumung bloßer Nutzungsrechte nichts daran ändert, dass das Vollrecht an der Software beim Entwickler verbleibt, der es (urheberrechtlich geschützt) entwickelt hat und es daher dauerhaft seinem Geschäftsbetrieb dient. Die Software stellt somit für den Softwareunternehmer Anlagevermögen dar.
4.2.2 Domain-Adresse
Im täglichen Sprachgebrauch ist jeder selbstständige Name einer Internetseite eine Domain und umfasst den individuellen Namen (z. B. "haufe") inklusive der Länderkennung (z. B. ".de") oder der organisatorischen Kennung (z. B. ".com" oder ".net"). Einige Unternehmen registrieren diverse verfügbare Domains auf ihren Namen und veräußern diese anschließend. Andere Unternehmen sichern sich Domains für den eigenen Internetauftritt.
Im deutschen Zivil-, Handels- und Steuerrecht wird der Begriff "Domain" nicht verwendet. Um bei der Bilanzierung berücksichtigt werden zu können, muss die Domain die Voraussetzungen für ein Wirtschaftsgut oder einen Vermögensgegenstand erfüllen. Unter Wirtschaftsgütern versteht man Gegenstände und Rechte, die als realisierbarer Vermögenswert angesehen werden können. Domains sind verkehrsfähig, sind also an Dritte durch Kaufvertrag übertragbare und veräußerbare Rechte. Sie können gehandelt, vermietet und auch abgetreten werden. Deshalb ist eine Domain als ein "Vermögensrecht" einzustufen. Eine Domain ist selbstständig bewertbar und verkehrsfähig und erfüllt somit nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die Voraussetzungen für ein immaterielles, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut.
Zuordnung zum Anlagevermögen
Bei einer unternehmenseigenen Domain handelt es sich um ein nicht abnutzbares, immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Eine Domain-Adresse kann grundsätzlich nur entgeltlich erworben werden, z. B. von einem Dritten oder in Form der Registrierungskosten der DENIC eG. Sowohl handels- als auch steuerrechtlich besteht ein Aktivierungsgebot bei entgeltlichem Erwerb. Da es sich um ein nicht abnutzbares Wirtschaftsgut handelt, können die Anschaffungskosten für den entgeltlichen Erwerb einer Domain jedoch nicht abgeschrieben werden.
Zuordnung zum Umlaufvermögen
Eine Zuordnung zum Umlaufvermögen trifft insbesondere bei Unternehmen zu, die mit Domains handeln oder Internetseiten erstellen. Unter diesen Voraussetzungen können Domains auf Vorrat konnektierte Waren sein, soweit sie für den Weiterverkauf bestimmt sind. Für immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens gilt jedoch kein bilanzielles Aktivierungsverbot. Umlaufvermögen ist mithin auch ohne Vorliegen eines entgeltlichen Erwerbs aktivierungspflichtig.