Leitsatz
Im Falle der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist die Ablaufhemmung gem. § 170 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO zu berücksichtigen.
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Im Jahr 2006 reichten sie die Steuererklärungen der Jahre 1999 bis 2003 beim Finanzamt ein. Dieses lehnte die Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen unter Hinweis auf § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG a.F. ab. Nach Auffassung der Kläger ist die Festsetzungsfrist, die in ihrem Fall erst mit Ablauf des dritten Jahres, das auf das Kalenderjahr der Steuerentstehung folgt beginne, noch nicht abgelaufen. Die Auffassung des Finanzamts, wonach die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 AO nur für Selbständige gelte, treffe nicht zu, da auch Arbeitnehmer verpflichtet seien eine Steuererklärung abzugeben, wenn sie eine Veranlagung erreichen wollen.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist auch für die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift. Eine Anwendung des § 170 Abs. 1 AO würde zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 Grundsgesetz (GG) verstoßenden Ungleichbehandlung derjenigen, die nur auf Antrag zu veranlagen sind, gegenüber denjenigen, für die eine Veranlagungspflicht besteht, führen. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Gleichbehandlung "aller Menschen" vor dem Gesetz. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist bereichsspezifisch anzuwenden. Er verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Die Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen der auf Antrag und der von Amts wegen zu veranlagenden Steuerpflichtigen ändern nichts daran, dass hinsichtlich der zeitlichen Grenze für die Durchführung einer Veranlagung vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Denn für beide Vergleichsgruppen geht es jeweils darum, innerhalb welcher Frist sie die Festsetzung der materiell richtigen Einkommensteuer durch eine Veranlagung erreichen können und damit die Gleichheit zwischen allen Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Ein Selbständiger befindet sich insoweit in keiner anderen Lage als ein Arbeitnehmer, der dem Steuerabzug unterliegt.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 03.12.2008, 11 K 4917/07