Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Handwerkerleistungen (§ 35a EStG)?
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Wer ein Grundstück erwirbt, muss damit rechnen, dass auf ihn Kosten zukommen, die das Grundstück durch Anschluss an öffentliche Versorgungsleitungen erst nutzbar machen (bei Neubau eines Hauses) bzw. die erforderlich sind, um die erforderliche Infrastruktur (Straßen, Versorgungsleitungen etc.) herzustellen, um das Objekt erst nutzbar zu machen. Derartige Anliegerbeiträge oder Anschlusskosten führen teilweise zu einer erheblichen finanziellen Belastung, wodurch sich die Frage stellt, inwieweit derartige Kosten steuerlich abziehbar sind. Hiermit beschäftigt sich der nachfolgende Beitrag.
1. Problemstellung
Mit dem Wort "Anliegerbeiträge" verbindet man in der Praxis eine Vielzahl von Beiträgen, die
- die Gemeinden nach dem Baugesetzbuch (BauGB) bzw. aufgrund gesetzlicher Ermächtigungen der Länder (z.B. in den Kommunalabgabengesetzen)
- vom Eigentümer eines Grundstücks erheben.
Finanziert werden damit u.a. Erschließungsanlagen (z.B. öffentliche Straßen, Parkflächen, Grünanlagen, Immissionsschutzanlagen), ferner Abwasseranlagen, Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie die Errichtung von Fußgängerzonen.
Ertragsteuerlich können die Aufwendungen – je nach Beitragsart -
- nicht abschreibbare Anschaffungskosten (AK) des Grund und Bodens,
- abschreibbare AK des Gebäudes,
- sofort abziehbare Betriebsausgaben (BA) oder Werbungskosten (WK) oder
- Handwerkerleistungen sein, die ggf. nach § 35a EStG abziehbar sind.
Die Frage, wie die Beiträge steuerrechtlich zu behandeln sind, stellt sich gleichermaßen
- für den Eigentümer eines zu seinem Betrieb gehörenden Grundstücks bzw.
- für den Eigentümer eines vermieteten Grundstücks.
Nachfolgend geben wir einen Überblick über die steuerrechtlichen Abzugsmöglichkeiten der jeweiligen Beitragsart.
2. Anliegerbeiträge und Erschließungsbeiträge
Bei Straßenanliegerbeiträgen und Erschließungsbeiträgen handelt es sich um Aufwendungen, die der Eigentümer für Anlagen zu leisten hat, die außerhalb des Grundstücks liegen (Straßen, Wege, Plätze, Parkflächen etc.).
a) Nicht abschreibbare AK des Grund und Bodens
AK des Grund und Bodens: Einkommensteuerrechtlich handelt es sich bei derartigen Aufwendungen regelmäßig um AK des Grund und Bodens, da sie den Wert des Grund und Bodens erhöhen und kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem errichteten Gebäude besteht. Zu nachträglichen AK des Grund und Bodens kann auch ein Flächenbeitrag i.S.d. § 58 Abs. 1 BauGB führen.
AK-Begriff des § 255 Abs. 1 HGB: Maßgeblich für die ertragsteuerrechtliche Einordnung der anfallenden Kosten ist der AK-Begriff des § 255 Abs. 1 HGB, wonach AK die Aufwendungen sind, die geleistet werden, um
- einen Vermögensgegenstand zu erwerben und
- ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB).
Hierzu gehören auch nachträglich anfallende AK (§ 255 Abs. 1 S. 2 HGB).
Wird mit Erschließungsmaßnahmen das Grundstück in einen betriebsbereiten Zustand versetzt, sind die dadurch verursachten Aufwendungen den AK des Grund und Bodens zuzurechnen. Beachten Sie: Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei der Erschließung
- um eine öffentliche Erschließungsanlage oder
- um eine private Erschließungsanlage handelt und
- in welchem zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Gewand die Erschließung vorgenommen wird.
Erlangung eines besonderen – über den bisherigen Zustand hinausgehenden – Gepräges? Entscheidend ist allein, ob die Erschließung die Nutzbarkeit des Grund und Bodens – unabhängig von der Bebauung des Grundstücks und dem Bestand von auf dem Grundstück errichteten Gebäuden – erweitert und damit dem Grundstück ein besonderes, über den bisherigen Zustand hinausgehendes Gepräge gibt.
So kann z.B. die Zahlung eines Grundstückseigentümers an seinen Nachbarn für eine Zufahrtbaulast auch dann zu AK des Grund und Bodens führen, wenn damit ein zweiter Zugang zum Grundstück eröffnet wird.
Zahlungen, die der Erwerber eines unbebauten Grundstücks aufgrund eines Durchführungs- und Erschließungsvertrages für von der Gemeinde durchgeführte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen i.S.d. § 8 Abs. 3 BNatSchG leistet, sind als nachträgliche AK des Grund und Bodens der auf diesem Grundstück errichteten Gebäude und Außenanlagen zu qualifizieren.
Wird ein zusammenhängendes Grundstück an die Kanalisation angeschlossen und werden dadurch bisher als Weideland genutzte Flächen bebaubar, handelt es sich bei den darauf entfallenden Beiträgen für die Herstellung der Entwässerungsanlage auch dann um nachträgliche AK des Grund und Bodens, wenn ein im Übrigen aufstehendes Wohngebäude bereits über eine Sickergrube verfügte.
Erstmalige Erschließungskosten: Beiträge zur erstmaligen Erschließung eines Grundstücks sind jedoch nur dann (nachträgliche) AK, wenn sie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind. Erheben Gemeinden Beiträge mit dem Ziel der Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung ihrer ...