Reicht der in Geld geleistete Kapitalertrag nicht zur Deckung der Kapitalertragsteuer aus, hat der Gläubiger der Kapitalerträge dem Steuerabzugsverpflichteten den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen (§ 44 Abs. 1 Satz 7 EStG). Die Kapitalertragsteuer ist dabei stets in Geld zu leisten. Bis einschl. 2024 gilt hierbei noch folgende Regelung: Kommt der Gläubiger der Kapitalerträge seiner Verpflichtung nicht nach, hat der Steuerabzugsverpflichtete dies dem für ihn zuständigen FA anzuzeigen (§ 44 Abs. 1 Satz 10 EStG) und das FA hat die zu wenig erhobene Kapitalertragsteuer unmittelbar vom Gläubiger der Kapitalerträge nachzufordern (§ 44 Abs. 1 Satz 11 EStG).
Gemäß § 52 Abs. 44 Satz 5 EStG gilt ab 2025 folgende Regelung (§ 44 Abs. 1 Satz 10, 11 EStG): Soweit der Gläubiger seiner Verpflichtung nicht nachkommt, hat der zum Steuerabzug Verpflichtete dies dem für ihn zuständigen Betriebsstätten-FA nach Maßgabe des § 93c AO anzuzeigen und neben den in § 93c Abs. 1 AO genannten Angaben folgende Daten zu übermitteln:
- das Datum der Gutschrift des Kapitalertrags,
- die Bezeichnung und die Internationale Wertpapierkennnummer der Wertpapiergattung sowie die dem Kapitalertrag zugrunde liegende Stückzahl der Wertpapiere soweit vorhanden, ansonsten die Bezeichnung des betroffenen Kapitalertrags,
- sofern ermittelbar, die Höhe des Kapitalertrags, für den der Steuereinbehalt fehlgeschlagen ist.
Erstmalig eindeutig geregelt wurde, dass die Nachforderung der zu wenig erhobenen Kapitalertragsteuer vom Gläubiger der Kapitalerträge durch das Wohnsitz-FA nach § 32d Abs. 3 EStG in der Veranlagung erfolgen soll.
Beraterhinweis Kommt der Steuerabzugsverpflichtete seiner Anzeigeverpflichtung nicht ordnungsgemäß nach oder führt er die Kapitalertragsteuer nicht in zutreffender Höhe an das FA ab, kommt m.E. eine Haftung nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG in Betracht. Darüber hinaus bleiben durch das FA die Erfüllung der Voraussetzungen der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder der Gefährdung von Abzugssteuern (§ 380 AO) zu prüfen.
Einzugsermächtigung: Seit VZ 2018 wurden die depotführenden Stellen für Fälle unbarer steuerpflichtiger Kapitalmaßnahmen und zur Erhebung von Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 InvStG (vgl. § 44 Abs. 1b EStG) gem. § 44 Abs. 1 Satz 8 und 9 EStG ermächtigt, die erforderlichen Geldbeträge von einem Konto des Gläubigers der Kapitalerträge einzuziehen. Die Neuregelung beinhaltet keine Einwilligungsverpflichtung des Stpfl. Lediglich bei möglicher Inanspruchnahme eines vereinbarten Kontokorrentkredits hat der Gläubiger der Kapitalerträge gem. § 44 Abs. 1 Satz 9 EStG die Möglichkeit eines Widerspruchs ggü. der depotführenden Stelle. Der Widerspruch muss vor dem Zufluss der Kapitalerträge erfolgen.
Beraterhinweis Nach § 18 Abs. 3 InvStG gilt die Vorabpauschale am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres als zugeflossen. Die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten mithilfe von Vereinbarungen in den AGB dazu übergehen, zwecks Erhebung der Kapitalertragsteuer auf unbare Kapitalerträge (insb. betr. die Vorabpauschale) den Verkauf von Anteilen vorzusehen, soweit dies zur Deckung der gesetzlichen Steuerbeträge notwendig ist.