Zu beurteilen ist, ob bei der Vermietung eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space ein steuerbarer und steuerpflichtiger Umsatz vorliegt.
Die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken als sonstige Leistung sind grundsätzlich steuerfrei (§ 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG). Dazu gehören auch die damit in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden üblichen Nebenleistungen.
Die Vermietung eines Grundstücks setzt voraus, dass
- dem Mietenden vom Vermietenden
- auf bestimmte Zeit
- gegen eine Vergütung
- das Recht eingeräumt worden ist, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre.
Das muss nicht ein durch Boden, Decke und Wände begrenzter Raum, sondern kann auch nur ein Teil eines Raumes sein.
1.Vermietung eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space
Zweifelhaft ist, ob bei der Vermietung eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space eine Vermietung eines Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 S. 1 UStG vorliegt. Ein Vertrag über die Miete eines Coworking-Spaces ist
- kein überkommener Mietvertrag,
- sondern eine Verknüpfung mehrerer Vertragsarten.
Dazu folgende Überlegungen:
a) Elemente eines Mietvertrages
Der Vertrag umfasst die Miete eines flexiblen Arbeitsplatzes. Das ist aber nur ein Vertrag über einen Arbeitsplatz in einem Raum – und nicht über einen abgeschlossenen Raum. Der Zugang zu den Räumen kann im Einzelfall zeitlich begrenzt sein. Das stellt eine nennenswerte Abweichung zu einem Mietvertrag dar. Das pauschale Entgelt umfasst auch die Nebenkosten. Eine Abrechnung der Aufwendungen für Heizung und Warmwasser erfolgt nicht. Das ist bei einem Mietvertrag – von Ausnahmen abgesehen – nicht möglich (§ 2 der Verordnung über Heizkostenabrechnung).
Außerdem umfasst der Vertrag die Miete der Büroausstattung wie Tisch, Stuhl und Schreibtischlampe. Bei Drucker, Kopierer und Scanner kann ein Mietvertrag, aber auch ein Werklieferungsvertrag vorliegen. Letzteres ist der Fall, wenn nicht die Miete der Geräte, sondern der Ausdruck, die Kopie oder die Datei als Ergebnis des Scans im Vordergrund steht. Das pauschale Entgelt umfasst meist nur eine begrenzte Anzahl an möglichen Ausdrucken oder Kopien.
b) Elemente eines Dienstleistungsvertrages
Das Bereitstellen eines Internetzugangs ist ein unentbehrlicher Baustein des Vertrages. Das ist kein Werkvertrag, weil kein Erfolg geschuldet ist. Der Anbieter schuldet nur das Bereitstellen des Internetzugangs und das Bemühen um die Herstellung der Verbindung. Außerdem umfasst der Vertrag die Reinigung des Arbeitsplatzes und des Büros.
c) Elemente eines Kaufvertrages
Die Pauschale schließt auch die Lieferung des vor Ort verbrauchten Stroms ein. Eine Abrechnung erfolgt nicht. Der Kauf von Bürobedarf kann in den Vertrag einbezogen sein. Sofern der Anbieter Kaffee, Tee oder Wasser anbietet – auch der Kauf der Getränke.
2. USt-liche Konsequenzen bei den einzelnen Vertragsformen
Bei einem gemischten Vertrag ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob es sich
- um eine einheitliche Leistung oder
- um mehrere selbständige Leistungen
handelt. Ein gemischter Vertrag liegt vor, wenn die Vereinbarung sowohl Elemente einer Vermietung und Verpachtung von Grundstücken als auch anderer Leistungen umfasst.
Sofern mehrere selbständige Leistungen vorliegen, ist zu entscheiden, ob diese nach den Grundsätzen von Haupt- und Nebenleistung einheitlich zu beurteilen sind. Wenn allein eine einheitlich zu beurteilende Leistung vorliegt, ist für die Steuerbefreiung entscheidend, ob die Vermietung der einheitlichen Leistung ein besonderes Gepräge gibt. Die Leistung ist dann insgesamt steuerfrei.
Vertrag besonderer Art = keine USt-Befreiung: Bei einem Vertrag besonderer Art kommt die Steuerbefreiung
- weder für die gesamte Leistung
- noch für einen Teil der Leistung
in Betracht.
Ein Vertrag besonderer Art liegt vor, wenn
- die Überlassung des Grundstücks gegenüber anderen wesentlicheren Leistungen zurücktritt und
- der Vertrag ein einheitliches, unteilbares Ganzes darstellt.
Die Frage ist im Einzelfall je nach Gestaltung des Vertrages zu entscheiden.
3. Anmietung eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space = Vertrag besonderer Art?
Bei der Miete eines Arbeitsplatzes in einem Coworking-Space liegt ein Vertrag besonderer Art nahe. Der Vertrag umfasst mehrere gewichtige Leistungen, die weder unter die Haupt- noch Nebenleistungspflichten eines Miet- oder Pachtvertrages fallen. Bei der neuen Ausgestaltung der Zusammenarbeit steht ein eingerichteter Arbeitsplatz im Mittelpunkt des Interesses und kein leeres Büro. Eine Trennung in mehrere selbständige Leistungen erscheint in Anbetracht der Verknüpfung mehrerer Verträge und der pauschalen Preise zweifelhaft.
Keine USt-Freiheit: Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG liegen nicht vor.
Beraterhinweis Sofern die Interessenten aber abschließbare Büroflächen mieten, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG in Betracht kommen.