Prozessorientierte Betrachtungsweise
Eine mehr pragmatische Vorgehensweise versprechen Umweltkostenrechnungssysteme wie die Flusskostenrechnung. Dabei wird eine Ausrichtung an den mengenmäßigen Stoff- und Energieflüssen im Unternehmen – weg von einer rein monetären Bewertung – vorausgesetzt. Der Schwerpunkt liegt auf einer prozessorientierten Betrachtungsweise, mit der versucht wird, Umweltkosten gezielt zu beeinflussen. Damit wird die kurzfristige Orientierung der herkömmlichen KLR verlassen, die im Wesentlichen bereits angefallene Kosten erfasst und verteilt.
Prozessorientiertes Umweltkostenmanagement setzt somit bei der Erfassung der betrieblichen Stoff- und Energieströme an. Wie bei der Ökobilanzierung werden anhand eines Input-Output-Schemas die betrieblichen Stoff- und Energieflüsse (Wertschöpfung im Betrieb) vor allem für Produktionsstandorte bzw. einzelne Betriebsprozesse erfasst.
Flusskosten
Die Flusskostenrechnung berücksichtigt, dass Stoffkosten bei vielen Unternehmen einen großen, wenn nicht gar den größten Teil der Kosten ausmachen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet, betragen die Kosten des Materialdurchsatzes (Materialkosten + Folgekosten) im verarbeitenden Gewerbe im Durchschnitt mehr als das Zweifache der Personalkosten. Flusskosten resultieren aus der horizontalen Addition sämtlicher Kosten, die auf dem Weg der innerbetrieblichen Leistungserstellung vom Input zum Output anfallen. Flusskosten sind somit all diejenigen Kosten, die mit den betrieblichen Stoff- und Energieflüssen zusammenhängen. Die Zielsetzung besteht darin, die mit den Stoffströmen verbundenen Kosten verursachungsgerecht zuzuordnen und die kostenverursachenden Einflussfaktoren (Kostentreiber) zu bestimmen. Bei der Flusskostenrechnung wird berücksichtigt, dass nahezu jeder betriebliche Funktionsbereich bei seinen Entscheidungen auf die Materialflüsse einwirkt. In den Flusskosten sind enthalten
- Ausgaben für die Inputfaktoren Material und Energie, interne Flusskosten genannt;
- Ausgaben, die für Transport, Lagerung und Bearbeitung von Stoffen entstehen, sowie
- Outputeinnahmen bzw. -ausgaben, die für den Verkauf der Produkte bzw. die Entsorgung von Abwässern und Abfällen anfallen.
2.2.1 Bilanzieren der Stoff- und Energieflüsse
Zunächst geht es darum, eine Stoff- und Energiebilanzierung für den Standort, eine Abteilung, einen Prozess oder ein Produkt vorzunehmen. Dabei sind drei Schritte wesentlich:
- Festlegung der Systemgrenzen, z. B. Standortabgrenzung;
- Feststellung und Kategorisierung der ein- und ausgehenden Stoff- und Energieflüsse (Bilanzstruktur);
- Bestimmung der Flussmengen (Datenerhebung in physikalischen Größen).
2.2.2 Erstellen eines Flussmodells
1. Schritt: Standortbilanz
Die Erstellung eines Flussmodells basiert zunächst auf einer Standortbilanz, die die Stoff- und Energieflüsse auf der Input- und Outputseite erfasst. Der Betrieb (Standort) wird noch als Blackbox behandelt. Stoffflussmodelle öffnen nun diese Blackbox und zeigen die Beziehungen zwischen Input- und Outputströmen auf. Wegen der hohen Komplexität betrieblicher Prozesse werden sich Stoffflussmodelle i. d. R. auf ausgewählte Flussläufe bzw. -segmente beschränken, die eine hohe Umweltbelastung verursachen. Die Grundstruktur derartiger Flussmodelle ergibt sich dann aus einer Erhebung und Analyse der Prozesse, die die Stoff- und Energieflüsse direkt beeinflussen.
2. Schritt: Monetäre Bewertung der Stoffflüsse
In einem zweiten Schritt werden die Stoffflüsse mit ihren Kosten bewertet, indem jedem Fluss der reine Materialwert inklusive der Materialnebenkosten zugerechnet wird. Auch für innerbetriebliche Flüsse werden die Kosten zugeordnet, ebenso wie für Flüsse, die das Unternehmen in Form von Abfall verlassen. Des Weiteren werden den Stoffflüssen die Bearbeitungskosten zugewiesen, die in den Mengenstellen bzw. als Prozesskosten entstehen. Die Kosten in den Mengenstellen werden durch die Aufrechterhaltung und den Betrieb der jeweiligen Mengenstelle verursacht – in erster Linie sind dies Personalkosten und Abschreibungen. Diese Bearbeitungskosten werden anhand von bestimmten Schlüsseln auf die von einer Mengenstelle ausgehenden Flüsse verteilt.
Zu guter Letzt werden den Flüssen, die das Unternehmen verlassen, die Entsorgungskosten zugewiesen; neben den direkten Entsorgungskosten (z. B. Gebühren) gehören dazu auch eventuelle Nebenkosten (z. B. Transportkosten).
Eine Flusskostenmatrix, die die Flusskosten anhand der Outputs differenziert, gibt einen strukturierten Überblick über die jeweiligen Kosten der Flüsse (s. Abb. 1).
Abb. 1: Flusskostenmatrix
2.2.3 Vor- und Nachteile der Flusskostenrechnung
Die Vorteile einer Flusskostenrechnung sind im Wesentlichen:
- Die Flusskostenrechnung zeigt, dass ein verbesserter Umweltschutz durch veränderte und verringerte Stoff- und Energieströme zu insgesamt geringeren Kosten führen kann.
- Die Kostentransparenz wird erhöht. Es werden Kostentreiber und Kostensenkungspotenziale aufgedeckt, die im Einflussbereich des Unternehmens liegen.
- Umweltauflagen werden nicht als treibender Faktor von Umweltschutz dargestellt.
- Die Flusskostenrechnung kann auch die Kosten für unterlassenen Umwelt...