Leitsatz
Der Ansatz der Marktrendite setzt nach Wortlaut und Systematik von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG voraus, dass eine (vorhandene) Emissionsrendite nicht nachgewiesen ist.
Normenkette
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger veräußerten im Streitjahr 1998 mehrere Finanzinnovationen mit Verlusten i.H.v. 272.919 DM. Deren Höhe errechneten die Kläger durch Umrechnung der Anschaffungskosten in ausländischer Währung (südafrikanische Rand) in DM und die Gegenüberstellung der ebenfalls in DM umgerechneten Verkaufspreise.
Das FA anerkannte erst in einem Änderungsbescheid für 1998 die Verluste – nur teilweise – i.H.v. 125.357 DM unter Berufung auf die durch das StÄndG 2001 novellierte Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sätze 2 und 4 i.V.m. § 52 Abs. 37b EStG.
Das FG wies die Klage ab, da die Nichtberücksichtigung der Devisenkursschwankungen nicht auf einer echten Rückwirkung beruhe.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil wegen fehlender Feststellungen auf und verwies die Sache zurück. Für den Fall, dass überhaupt eine – negative – Marktrendite anzusetzen sei, begegne die durch das StÄndG 2001 mit Rückwirkung eingefügte Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 Halbs. 2 EStG, wonach bei Wertpapieren oder Kapitalforderungen in ausländischer Währung der Unterschied in dieser Währung zu ermitteln sei, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zwar habe das BMF (Schreiben vom 24.10.1995, DB 1995, 2293) seinerzeit zugestanden, Erwerbsentgelt und Veräußerungserlös nach den Wechselkursen im jeweiligen Zeitpunkt umzurechnen. Indes habe der BFH bereits im Urteil vom 24.10.2000, VIII R 28/99 (BFH-PR 2001, 13) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einbeziehung reiner Wechselkursgewinne geäußert. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG habe bis zur Änderung durch das StÄndG 2001 keine Regelung enthalten, wie die Marktrendite bei Anleihen in fremder Währung zu ermitteln sei. Indes sei sie verfassungskonform nur in der Weise auszulegen, dass bloße Wechselkursschwankungen schon damals nicht zu berücksichtigen gewesen seien. Somit beriefen sich die Kläger auf eine fehlerhafte, da verfassungswidrige Auslegung durch das BMF. Das StÄndG 2001 habe somit nur die verfassungskonforme Auslegung klargestellt und führe deshalb – ausnahmsweise – zu keiner unzulässigen (echten) Rückwirkung.
Hinweis
1. Mit Urteil vom 11.7.2006, VIII R 67/04 (BFH-PR 2007, 82) hat der VIII. Senat bereits erkannt, dass sog. Gleitzins-Schuldverschreibungen grundsätzlich eine Emissionsrendite haben. Diese ist nachgewiesen, wenn sie sich aus den vom Steuerpflichtigen eingereichten Unterlagen ergibt. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eröffnet kein Wahlrecht, ob die Emissionsrendite oder mangels Nachweises die Marktrendite zugrunde zu legen ist. Vielmehr bewirkt die Regelung lediglich zugunsten der Finanzverwaltung eine Umkehr der Beweislast. Wird hingegen ein Verlust nach Maßgabe der Marktrendite geltend gemacht, so trifft den Steuerpflichtigen schon nach den allgemeinen Grundsätzen für die Verteilung der Beweislast die Feststellungslast.
2. Abgezinste Wertpapiere wie Zero-Bonds zählen zu den sonstigen Kapitalforderungen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Der Tatbestand umfasst als genereller Grundtatbestand für Finanzinnovationen Kapitalanlagen unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung. Allerdings erfasst § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht bereits Verluste aus deren Veräußerung; denn Erlöse aus der Veräußerung können nicht dem in der Vorschrift geregelten Entgelt für die Nutzungsüberlassung gleichgesetzt werden.
3. Die steuerbaren Veräußerungstatbestände ergeben sich, sofern der Grundtatbestand in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt ist (vgl. BFH, Urteil vom 11.7.2006, VIII R 67/04, BFH-PR 2007, 82) sodann aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. a bis d EStG.Zero-Bonds haben eine Emissionsrendite und fallen unter die Regelung in Buchst. a.
4. Die Höhe danach steuerbarer Kapitalerträge bestimmt sich im Regelfall nach der Emissionsrendite nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1, nur ausnahmsweise gem. Satz 2 nach der sog. Marktrendite, sofern die Wertpapiere keine Emissionsrendite haben oder der Steuerpflichtige sie nicht nachweist.
5. Durch den in Satz 2 durch das StÄndG 2001 eingefügten Halbsatz 2, der nach § 52 Abs. 37 Buchst. b EStG auf alle noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen anwendbar ist, ist außerdem bestimmt worden, dass bei Wertpapieren oder sonstigen Kapitalforderungen in ausländischer Währung die Differenz zwischen Erwerbspreis und Veräußerungserlös in dieser Währung zu ermitteln ist, bloße Kursverluste also steuerlich unberücksichtigt bleiben.
6. Mangels ausreichender Feststellungen zum fehlenden Nachweis der Emissionsrendite konnte der BFH für den 2. Rechtsgang zu den sich bei Ansatz der Marktrendite ggf. ergebenden verfassungsrechtlichen Fragen nur prozessökonomische Hinweise geben.
7. Die Nichtberücksichtigung bloßer Wechselkursschwankungen entspricht einer system- und verfassungskonformen Auslegung des § 20 ...