Leitsatz
Die Überführung eines Wirtschaftsguts vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen ist keine Anschaffung i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, Abs. 5 Satz 2, § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5, § 21 Abs. 1 EStG, § 255 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB, § 40 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Kläger entnahm aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen eine vermietete Wohnung in sein Privatvermögen und sanierte sie anschließend umfangreich. Die Sanierungsaufwendungen überstiegen den bei der Entnahme angesetzten Gebäudeteilwert. Das FA nahm deshalb anschaffungsnahen Herstellungsaufwand an und änderte die Steuerbescheide für die Streitjahre entsprechend. Das FG hat die Klage abgewiesen. Das Merkmal der "Anschaffung" sei normspezifisch dahin auszulegen, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang erfasst werde (FG Köln, Urteil vom 25.2.2021, 11 K 2686/18, Haufe-Index 14495202, EFG 2021, 1902).
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG hatte – von seinem Standpunkt aus zu Recht – noch nicht geprüft, ob die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen zu originären Herstellungskosten geführt hatten. Dies muss es nun im zweiten Rechtsgang nachholen.
Hinweis
1. Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand setzt die Anschaffung eines Gebäudes voraus. "Anschaffung" ist ein im EStG nicht definierter Begriff. Er wird auch nicht einheitlich ausgelegt. Aber im Grundsatz besteht Einigkeit, dass ein Wirtschaftsgut aufgrund eines entgeltlichen Geschäfts von einem auf einen anderen Rechtsträger übergehen muss. Anschaffung und Veräußerung sind spiegelbildliche Begriffe; sie bezeichnen denselben Vorgang aus unterschiedlichen Perspektiven.
a) Bei der Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen fehlt es sowohl an einem entgeltlichen Vorgang als auch an einem Rechtsträgerwechsel. Nach dem Wortsinn liegt eine Anschaffung nicht vor.
b) Es fehlt in Bezug auf § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch an einer Vorschrift, die die Entnahme aus dem Betriebsvermögen einer Anschaffung ausdrücklich gleichstellt (wie z.B. in § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG).
c) Die Nichterfassung der Entnahme aus dem Betriebsvermögen entspricht aber auch dem Normzweck. Die Vorschrift will die Erwerber unsanierter und sanierter Gebäude in steuerlicher Hinsicht gleichstellen. Wer ein saniertes Gebäude erwirbt und auf den höheren Kaufpreis nur die AfA geltend machen kann, soll steuerlich nicht schlechter stehen als derjenige, der das Gebäude erst nach dem Erwerb saniert. Diese Erwägungen lassen sich auf die Entnahme aus dem Betriebsvermögen nicht übertragen. Wer vor der Entnahme saniert, hat (vorbehaltlich originärer Herstellungskosten) sofort abziehbaren Aufwand. Etwas anderes sollte nicht gelten für denjenigen, der nach der Entnahme saniert.
d) Schließlich fehlt bei einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen auch die vom Gesetz vorausgesetzte Maßgröße der Anschaffungskosten, von deren Höhe es abhängt, ob Sanierungsaufwand zu anschaffungsnahen Herstellungskosten wird.
e) Zwar bemisst die Rechtsprechung die AfA im Fall der Entnahme auch nach den "Anschaffungskosten". Dies ist jedoch kein Grund, die Entnahme der Anschaffung generell gleichzustellen.
2. Die Klage gegen einen Null-Bescheid ist nur zulässig, wenn in ihm angesetzte Besteuerungsgrundlagen verbindliche Vorgaben für andere Bescheide liefern.
a) Das kann der Fall sein im Verhältnis von ESt-Bescheid des Verlustentstehungsjahrs zu gesonderter Verlustfeststellung auf den Schluss des Entstehungsjahrs. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ordnet insoweit eine inhaltliche Bindung an bestimmte Besteuerungsgrundlagen an mit der Folge, dass darüber nicht mehr im Verlustfeststellungsverfahren, sondern im Verfahren gegen den ESt-Bescheid zu entscheiden ist.
b) Es kommt aber auf die konkrete Situation an: Mindert der geltend gemachte, aber noch nicht berücksichtigte Aufwand den Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE) nicht bis auf null, scheidet eine Auswirkung auf die gesonderte Verlustfeststellung von vorherein aus. Ähnlich ist die Situation, wenn der geltend gemachte Aufwand zwar den GdE bis auf null und darüber hinaus mindert, das Klagebegehren aber allein auf den (vorrangigen) Verlustrücktrag gerichtet ist, weil z.B. im Rücktragsjahr ein übersteigender positiver GdE vorhanden ist und nicht beantragt ist, vom Verlustrücktrag abzusehen.
c) Wirkt sich der geltend gemachte Aufwand absehbar nur im Rücktragsjahr aus, ist über die Frage, ob er zu berücksichtigen ist, im ESt-Bescheid für das Rücktragsjahr zu entscheiden.
d) Diese Ausführungen sind nicht neu; sie haben auch keinen Niederschlag in einem Leitsatz gefunden. Dass sich der BFH mit diesen Fragen immer wieder beschäftigen muss, offenbart aber die Unsicherheit in der Frage, gegen welchen Bescheid Klage geführt werden muss, wenn ein noch nicht berücksichtigter Aufwand die Steuer im Entstehungsjahr nicht mindern kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.5.2...