Leitsatz
1. Unter Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird.
2. Zu den Aufwendungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind. Hierzu gehören auch Kosten für Schönheitsreparaturen.
3. Von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes kann im Regelfall ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Aufwendungen, die mit den Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht im Zusammenhang stehen, können als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sein.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB
Sachverhalt
Der Kläger erwarb ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück und führte daran in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb folgende Maßnahmen durch: Modernisierung der Bäder in zwei Wohnungen, Austausch von Fenstern, Verlegen von Fußböden, Erneuerung der Elektroinstallation, Streichen von Wänden, Austausch eines Gasheizgeräts, Reparatur des Daches und der Fassade, Erneuerung der Gasleitung und der Heizungsanlage. Der Kläger ging insofern von sofort abziehbarem Aufwand aus. FA und FG (FG Münster, Urteil vom 25.9.2014, 8 K 4017/11 E, Haufe-Index 7942672, EFG 2015, 1179) nahmen demgegenüber insgesamt anschaffungsnahen Herstellungsaufwand an.
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte – bis auf die laufenden Kosten der Heizungswartung, die sofort abgezogen werden können – keinen Erfolg.
Hinweis
In einer Serie von drei Fällen, die alle zur Veröffentlichung vorgesehen sind (vgl. auch IX R 25/14, BFH/NV 2016, 1617, Haufe-Index 9734952 und IX R 15/15, BFH/NV 2016, 1621, Haufe-Index 9734953), hat der BFH den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (anschaffungsnahe Herstellungskosten) grundlegend neu bestimmt und dabei eine maximal verwaltungsfreundliche Auslegung vorgenommen. Für Erwerber von Bestandsimmobilien mit mehr oder weniger großem Instandsetzungsbedarf ergeben sich hieraus u.U. erhebliche steuerliche Nachteile, denn der Abzug über die AfA führt zwar im Grundsatz nur zu einer zeitlichen Streckung, allerdings in Dimensionen, die die meisten Eigentümer zu Lebzeiten nicht mehr ausschöpfen können.
1.§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist lex specialis zu § 255 HGB. In ihrem Anwendungsbereich verdrängt die Vorschrift mithin den handelsrechtlichen Anschaffungs- und Herstellungskostenbegriff. Die Gegenansicht, dass sog. originäre Anschaffungs- oder Herstellungskosten von vornherein nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen, hat der BFH abgelehnt.
Aus der Erwähnung von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB in Satz 2 der Vorschrift lasse sich im Umkehrschluss nur folgern, dass es für die Anwendung von Satz 1 der Vorschrift auf das handelsrechtliche Begriffsverständnis nicht ankomme.
2. Infolge dessen ist der Ausdruck "Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen" in Satz 1 der Vorschrift ohne Bindung an das handelsrechtliche Vorverständnis allein nach steuerlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Der BFH hat insofern ein denkbar weites Verständnis vorgegeben (siehe Leitsatz 1). Er begründet dies mit dem Regelungszweck der Norm. Der Gesetzgeber habe bei Einführung der Norm den vor Änderung der Rechtsprechung bestehenden Rechtszustand wiederherstellen und eine möglichst einfach zu handhabende Vorschrift schaffen wollen. Dies gebiete es, bei der Anwendung der Norm auf möglichst sämtliche Abgrenzungen zu verzichten.
a) Im Ergebnis wird deshalb § 255 HGB von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vollständig verdrängt bis auf den in Satz 2 ausdrücklich genannten Fall der Erweiterung i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. In den Anwendungsbereich des Satzes 1 fallen danach sowohl die handelsrechtlichen Herstellungskosten in der Fallgruppe einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung als auch Anschaffungskosten, die geleistet werden, um den Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen (vgl. IX R 15/15, Haufe-Index 9734953).
b) Auch sog. Schönheitsreparaturen, die ohne die Vorschrift zu sofort abziehbarem Aufwand führen würden, fallen nach insoweit geänderter Rechtsprechung nun unter den weiten Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen (Leitsatz 2 letzter Satz). Dies hatte der BFH in seinem Urteil vom 25.8.2009 (IX R 20/08, BFH/NV 2010, 96, BFHE 226, 256, BStBl II 2010, 125 mit Anm. Heuermann, BFH/PR 2010, 50) noch anders gesehen. Nun geht der BFH davon aus, dass auch Schönheitsreparat...