FinMin Berlin, Erlaß v. 5.4.2017, III B - S 2211 - 2/2005-2
Bezug: SenFin vom 20.11.2012, III B – S 2211 – 2/2005 – 2
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.
Zum Anwendungsbereich der Vorschrift sowie zur Abgrenzung von der Verwaltungsanweisung gemäß BMF-Schreiben vom 18.7.2003 (BStBl 2003 I S. 386 ; EStG-Kartei § 21 Fach 4 Nr. 3) sind folgende Auffassungen zu vertreten:
1. Sollen Aufwendungen, die zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit führen und für sich Anschaffungskosten sind, in die Prüfung der 15 %- Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG einbezogen werden?
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG schließt nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten aus. Aufwendungen für die Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit oder zur Hebung des Standards sind hiervon nicht berührt und daher in die Prüfung der 15 %-Grenze einzubeziehen (vgl. BFH-Urteile vom 14.6.2016, IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15; BStBl 2016 II S. 992 ff.).
2. Können die in die Prüfung einbezogenen Aufwendungen auch im Fall des Unterschreitens der 15 %-Grenze Anschaffungs- oder Herstellungskosten darstellen?
Aufwendungen, die innerhalb des Dreijahreszeitraums getätigt werden und nach den Kriterien des BMF-Schreibens vom 18.7.2003 (a.a.O.) Anschaffungs- oder Herstellungskosten darstellen, in ihrer Summe aber die 15 %-Grenze nicht überschreiten, sind Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.S. von § 255 HGB.
Ausnahme:
Eine Hebung des Standards ist bei Unterschreiten der 15 %-Grenze in den ersten drei Jahren nach Anschaffung nicht zu prüfen; es sei denn, es handelt sich um den Beginn einer Sanierung in Raten oder im Falle eines Erwerbs eines Gebäudes mit mehreren Wohnungen hebt sich der Standard für einzelne Wohnungen (vgl. Rz. 38 des BMF-Schreibens vom 18.7.2003, a.a.O.).
3. Wie ist die Sanierung in Raten zur Hebung des Standards zu behandeln, die erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums zu Herstellungskosten i.S. der BFH-Rechtsprechung/des BMF-Schreibens führt?
Aufwendungen für Baumaßnahmen, die innerhalb des Dreijahreszeitraums des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG durchgeführt werden, jedoch die 15 %-Grenze nicht überschreiten, sind auch dann als Herstellungskosten i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln, wenn die endgültigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Sanierung in Raten (vgl. Rz. 31 des BMF-Schreibens vom 18.7.2003, a.a.O.) erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums festgestellt werden können.
4. Zeitliche Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Wie behandelt man den Fall, in dem für eine im Jahr 2002 angeschaffte Immobilie in 2004 Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden, die für sich allein nicht die 15 %-Grenze überschreiten, jedoch zusammen mit den bereits in 2003 vorgenommenen Modernisierungsarbeiten die 15 %-Grenze übersteigen?
Die Modernisierungsmaßnahmen sind nicht als Herstellungsaufwand nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu beurteilen, weil die Vorschrift gemäß § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG erst auf Baumaßnahmen anzuwenden ist, mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wurde und sämtlich Baumaßnahmen nach § 52 Abs. 16 Satz 9 EStG als einheitliche Baumaßnahme anzusehen sind. Im geschilderten Fall wurde mit den Baumaßnahmen in 2003 begonnen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG noch keine Anwendung findet.
Die Prüfung der Aufwendungen nach den Kriterien des BMF-Schreibens vom 18.7.2003 (a.a.O.) bleibt hiervon unberührt.
5. Ist die 15%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf das Gebäude insgesamt oder aber auf die einzelnen Gebäudeteile i.S.d. R 4.2 Abs. 4 EStR zu beziehen? (überholt durch BFH-Urteile vom 14.6.2016, IX R 25/14 und IX R 22/15, a.a.O.)
Mit Urteil vom 30.7.1991 (IX R 59/89, BStBl 1992 II S. 940) hat der BFH zur R 157 Abs. 4 EStR 2002 entschieden, dass für die Frage der Höhe des anschaffungsnahen Aufwands auf das Gebäude insgesamt abzustellen ist, da beim Erwerb des bebauten Grundstücks ein einheitliches Wirtschaftsgut vorliegt.
Mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG wurde an die alte Verwaltungsregelung des R 157 Abs. 4 EStR angeknüpft. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die bewährte Verwaltungspraxis trotz der geänderten Rechtsprechung zum Anschaffungs- und Herstellungskostenbegriff gemäß § 255 HGB fortgesetzt werden kann. Da der Wortlaut der Neuregelung ausdrücklich von dem „Gebäude” als Bezugsgröße spricht und damit in die gleiche Richtung geht wie die BFH-Rechtsprechung, ist das Urteil weiter anzuwenden.
Bei dem Erwerb von mehreren Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in einem Gebäude ist hingegen – unabhängig vom Nutzungs- und Funktionszusammenhang – bereits zivilrechtlich stets von untersc...