Rechtsprechungs-Update zu „anschaffungsnahen Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen”
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Da die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG im Einzelnen nicht näher definiert, was unter "anschaffungsnahen Modernisierungs- und Instandsetzungsaufwendungen" zu verstehen ist, führen Zweifelsfragen immer wieder zu Verfahren, die die Finanzgerichte und häufig auch den BFH beschäftigen. In EStB 2019, 189 hatten wir über die bis dato ergangene Rechtsprechung berichtet (Günther, Anschaffungsnahe Herstellungskosten – Ein Rechtsprechungs-Update, EStB 2019, 189). Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die danach ergangene Rechtsprechung auf FG- und BFH-Ebene.
1. Gesetzliche Regelung
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG führen Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die der Steuerpflichtige innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes tätigt, zu Herstellungskosten des Gebäudes, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten (AK) des Gebäudes übersteigen. Hiervon ausgenommen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG) sind lediglich
- Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sowie
- Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
2. Vor Anschaffung anfallende Aufwendungen
Allgemeine handelsrechtliche Abgrenzungskriterien: Aufwendungen, die der Steuerpflichtige vor der Anschaffung des Grundstücks tätigt, sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder Erhaltungsaufwendungen steuerlich zu berücksichtigen.
Keine Einschränkungen über § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG: Denn die einschränkenden Regularien des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gelten nur für solche Aufwendungen, die "innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung" vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen fallen daher nicht unter diese Vorschrift.
Beraterhinweis Hierdurch können sich u.U. steuersparende Gestaltungen ergeben, indem man geplante bzw. erforderliche Investitionen vor der Übertragung des Grundstücks durchführt. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass sich dies in der Besteuerungspraxis in der Regel auf Grundstücksübertragungen im familiären Umfeld (z.B. bei entgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragungen auf Abkömmlinge, insbesondere bei Übertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbregelung auf einen Abkömmling gegen Gleichstellungsgelder an nicht bedachte Geschwister) beschränken wird.
3. Entnahme aus dem Betriebsvermögen: keine Anschaffung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Wird eine Wohnung dem Betriebsvermögen entnommen, saniert und nachfolgend zu Vermietungseinkünften genutzt, führt die Entnahme nicht zu einer Anschaffung i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Für die Annahme einer Anschaffung fehlt es nach Auffassung des BFH
- sowohl an der für eine entsprechende Anschaffung notwendigen Gegenleistung
- als auch an einem Rechtsträgerwechsel, sofern das Wirtschaftsgut in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird.
Auch keine Fiktion der Anschaffung: Auch stellt § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen im Wege der Entnahme nicht durch Fiktion einer Anschaffung gleich.
4. Sofort abziehbare Aufwendungen
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG gehören ausdrücklich nur
- Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sowie
- Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen,
nicht zu den Aufwendungen i.S.d. Satzes 1 der Vorschrift.
Jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsaufwendungen in diesem Sinne, die außerhalb der Prüfung des anschaffungsnahen Aufwands zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten (WK) führen, sind insbesondere Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und – verkalkungen oder Ablesekosten.
Abfindungszahlungen an weichende Mieter: Sofort als WK abziehbar sind auch Abfindungszahlungen an weichende Mieter zum Zwecke der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen an einem Vermietungsobjekt. Der BFH stellte heraus, dass der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt ist. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die – ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG – vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären. Beachten Sie: Dagegen fallen Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, nicht unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Entsprechend gehört daher eine Abfindung, die der Steuerpflichtige für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrags und die Räumung der Wohnung an seinen Miet...