Leitsatz
Zwischen der Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG und der Investition muss ein Finanzierungszusammenhang bestehen. Dieser ist nicht gewahrt, wenn die Rücklage erst später als zwei Jahre nach Anschaffung des Wirtschaftsguts gebildet wird.
Normenkette
§ 7g Abs. 3 EStG , § 7g Abs. 6 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ermittelt als Designer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Einspruchsverfahren gegen den ESt-Bescheid 1995 machte er im Februar 2000 erstmals geltend, eine "Rücklage" nach § 7g EStG i.H.v. ca. 25 000 DM gebildet und im Jahr 1997 wieder aufgelöst zu haben.
Das FA lehnte den begehrten Betriebsausgabenabzug mit der Begründung ab, dass die Investitionsabsicht nicht glaubhaft gemacht worden sei.
Das FG gab der Klage statt. Eine Rücklage könne auch dann noch gebildet werden, wenn die Wirtschaftsgüter bereits angeschafft worden seien.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Klage ab.
Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage (Ansparabschreibung) und damit für einen Betriebsausgabenabzug nach § 7g Abs. 6 EStG seien nicht gegeben. Da die erstmalige Bildung einer Rücklage später als zwei Jahre nach der Anschaffung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werde, sei der erforderliche Finanzierungszusammenhang nicht mehr gewahrt.
Hinweis
1. Der Besprechungsfall ist zeitlich vor dem grundlegenden Urteil des BFH zur Ansparrücklage, XI R 13/00 vom 12.12.2001 (BFH-PR 2002, 208) entschieden, jedoch erst nachträglich zur Veröffentlichung freigegeben worden. Dort hatte der XI. Senat dargelegt, dass zur Bildung einer Ansparrücklage eine Investitionsabsicht nicht glaubhaft gemacht werden müsse. Einen eventuellen Mitnahmeeffekt habe der Gesetzgeber gesehen und in Kauf genommen.
Allerdings – so betont der BFH in der vorliegenden Entscheidung – ist eine Rücklagenbildung nicht voraussetzungslos zulässig. Der Kläger war nämlich davon ausgegangen, dass bis zur Bestandskraft der Veranlagung des betreffenden Jahres eine Ansparrücklage ohne weitere Voraussetzungen gebildet werden könne.
Der BFH fordert hingegen einenFinanzierungszusammenhang zwischen der Rücklagenbildung und der Investition. Er leitet dies aus denmateriell-rechtlichenVoraussetzungen des § 7g EStG ab. Daher ist es für ihn ohne Bedeutung, dassverfahrensrechtlichWahlrechte bis zur Bestandskraft der jeweiligen Bescheide ausgeübt werden können (BFH, Urteil vom 6.9.2000, XI R 18/00, BFH-PR 2001, 16).
2. Mit der Möglichkeit, eine gewinnmindernde Rücklage in Form der sog. Ansparabschreibung zu bilden, wollte der Gesetzgeber dieWettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebeverbessern; es sollten mit Hilfe der Rücklage Mittel zur Finanzierung zukünftiger Investitionen angespart werden können. Dieser Zweck der Rücklage – so der BFH – verlangt in zeitlicher Hinsicht, dass die Rücklage die ihr zugedachte Funktion derFinanzierungserleichterung erfüllen kann. Deshalb müsse ein Finanzierungszusammenhang bestehen.
3. Einen solchen Finanzierungszusammenhang – also die objektive Möglichkeit, dass die Rücklage der Finanzierung eines Investitionsguts dienen kann – hält der BFH nicht mehr für gegeben, wenn die Bildung der Rücklage erstmals beim FA beantragt wird, nachdem die betreffenden Wirtschaftsgüter bereits mehr als zwei Jahrevorher angeschafft worden waren.
4. Wie der BFH in der Entscheidung andeutet, kann allerdings (im Hinblick auf die Frist von zwei Jahren für die Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter, für die die Rücklage gebildet wurde; vgl. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG) ein Finanzierungszusammenhang noch gegeben sein, wenn die Bilanzfür das Jahr der Rücklage erst nach der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter aufgestelltwird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.8.2001, XI R 18/01