Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
Erzielt ein Kind Einkünfte aus Gewerbebetrieb und bildet es im Rahmen seiner Gewinnermittlung eine Ansparrücklage gem. § 7g EStG, so gehört der Betrag der Ansparrücklage jedenfalls nach der im Jahr 1998 geltenden Rechtslage nicht zu den Bezügen des Kinds i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
Normenkette
§ 7g Abs. 3 und 6 EStG , § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die volljährige Tochter C der Klägerin war neben ihrem Studium im Streitjahr 1998 gewerblich tätig. Den Gewinn ermittelte sie mit 11.676 DM nach § 4 Abs. 3 EStG. Dabei zog sie eine Ansparabschreibung i.H.v. 30.500 DM gem. § 7g Abs. 6 EStG als Betriebsausgabe ab.
Mit Bescheid vom 21.6.2001 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für 1998 mit dem Hinweis auf, dass der Betrag der Ansparabschreibung dem Gewinn hinzuzurechnen und damit der Grenzbetrag überschritten sei. Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2004, 346).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf. Eine Korrektur des Gewinns um die Ansparabschreibung sei weder nach dem Wortlaut noch nach dem Zweck des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und dem mit der Ansparabschreibung verfolgten Ziel geboten.
Hinweis
Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG muss sich der Kindergeldberechtigte die "Einkünfte" und "Bezüge" des Kinds anrechnen lassen, wenn sie einen bestimmten Jahresgrenzbetrag übersteigen. Dabei entspricht der Begriff der Einkünfte der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH, Urteil vom 16.4.2002, VIII R 76/01, BFH-PR 2002, 299). Es war bei der Beurteilung des Falls also davon auszugehen, dass bei einem Kind mit gewerblichen Einkünften der Gewinn anzusetzen ist und dass dieser um die Ansparrücklage nach § 7g (hier Abs. 6) EStG gemindert ist.
Allerdings hat die Verwaltung bereits für das Streitjahr 1998 die Ansicht vertreten, dass Sonderabschreibungen als Bezüge i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu behandeln und dem Gewinn wieder hinzuzurechnen seien, soweit sie die höchstzulässige AfA übersteigen (R 180e Abs. 2 Nr. 7 EStR 1996). Da nach § 7g EStG sowohl Sonderabschreibungen als auch Ansparabschreibungen Gewinn mindernd berücksichtigt werden können, stellt sich auch für das Kindergeldrecht die Frage, ob sie gleich zu behandeln sind. Davon wird man nach dem Besprechungsurteil ausgehen müssen. Allerdings nicht i.S.d. der Verwaltungdsregelung, sondern i.S.d. Gesetzes, das keinerlei Anhaltspunkte für die Behandlung eines Aufwands als Bezug bietet; nach der ständigen Rechtsprechung sind "Bezüge" Einnahmen, die bei der Einkünfteermittlung nicht erfasst werden (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 14.5.2002, VIII R 57/00, BStBl II 2002, 746).
Ab dem 1.1.2002 wird sich die Frage allerdings erneut stellen. Denn ab diesem Zeitpunkt ist die bisherige Verwaltungsregelung Gesetz (§ 34 Abs. 4 Satz 4 EStG). Die Ansparrücklage ist nicht geregelt; sie ist nur dann Bezug, wenn sie einer Sonderanschreibung so nahe steht, dass es insoweit einer ausdrücklichen Regelung nicht bedufte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.10.2004, VIII R 35/04