Leitsatz
Kleinen und mittleren Unternehmen erlaubt § 7g EStG, für die künftige Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern eine gewinnmindernde Rücklage von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bilden. Auch wenn das Finanzamt eine derartige Rücklage erklärungsgemäß akzeptiert, besteht die Möglichkeit, diese im Nachhinein zu erhöhen, um sich etwa die Eigenheimzulage zu sichern. Das zeigt ein aktuelles Urteil des FG Düsseldorf.
Sachverhalt
Im Fall des FG Düsseldorf hatte die Inhaberin eine Dessousgeschäfts, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelte, zunächst auf den 31.12.1998 eine Rücklage in Höhe von 17.500 DM für die geplante Anschaffung eines Pkw gebildet. Obwohl das Finanzamt die daraus resultierende Gewinnminderung bei der Einkommensteuerveranlagung erklärungsgemäß berücksichtigte, legte die Einzelunternehmerin Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid ein und beantragte den Ansatz einer Ansparrücklage von 35.000 DM. Sie sei versehentlich von einem Nettokaufpreis von 35.000 DM statt 70.000 DM für das Fahrzeug - einen BMW - ausgegangen und wolle die maximal zulässige Rücklage - von seinerzeit 50 %, heute 40 % der Anschaffungskosten - ansetzen.
Entscheidung
Das FG folgte diesem Antrag. Die beabsichtigte Investition war mit dem Begriff "Geschäftspersonenfahrzeug" und den angegebenen Anschaffungskosten von 70.000 DM ausreichend konkretisiert, ein Nachweis über den beabsichtigten Erwerb nicht erforderlich. Auch die Finanzierung der Investition war möglich, da der Einspruch im Oktober 1999 eingelegt wurde und die Investition damit innerhalb der nach § 7g EStG zulässigen Frist von zwei Jahren (Existenzgründer: fünf Jahre) noch vorgenommen werden konnte. Daran änderte auch nichts, dass die Rücklage auf den 31.12.1999 ohne Investition aufgelöst wurde, denn die Einnahme-Überschuss-Rechnung 1999 wurde erst im April 2000 erstellt.
Der Erhöhung der Rücklage stand weder § 4 Abs. 2 EStG, der nur bei Bilanzierung anwendbar ist, noch das bereits ausgeübte Wahlrecht entgegen. Denn das FG bestätigte den Grundsatz, dass ein steuerliches Wahlrecht bis zur Bestandskraft der Veranlagung ausgeübt und damit auch geändert werden kann. Schließlich war die Erhöhung der Rücklage auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO, obwohl sie allein dazu diente, die für die Eigenheimzulage maßgebliche Einkunftsgrenze zu unterschreiten. Steuerliche Wahlrechte seien nun einmal dazu gedacht, aus steuerlichen Gründen ausgeübt zu werden. Auf die vom FG zugelassene Revision hat das Finanzamt verzichtet.
Hinweis
Nicht immer sind die zeitlichen Voraussetzungen so günstig wie im vorliegenden Fall, denn ab dem Zeitpunkt des Einspruchs bis zum Ablauf des Investitionszeitraums nach § 7g EStG bzw. bis zum Zeitpunkt der freiwilligen Auflösung der Ansparrücklage hätte die Investition im vorliegenden Fall tatsächlich vorgenommen werden können. Anders zu beurteilen sind dagegen Fälle, in denen
- die Ansparrücklage mehr als zwei Jahre nach der Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts gebildet werden soll, denn dann kann die Rücklage die Investition nicht mehr fördern (BFH, Urteil v. 14.8.2001, XI R 18/01, BFH/NV 2002 S. 181);
- zwischen dem Zeitpunkt der Rücklagenbildung und dem der anschließenden Betriebsaufgabe nur drei Monate liegen und die Bilanz mit der Rücklage erst nach der Betriebsaufgabe erstellt wird, denn dann ist bei Bilanzerstellung bereits bekannt, dass nicht investiert wird (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 10.4.2000, V 358/99, EFG 2000 S. 1061).
Um Misstrauen nicht allzu offensichtlich zu wecken, könnte man sich in der Praxis damit behelfen,
- die Gewinnermittlung für das Folgejahr, in dem die Ansparrücklage ohne Investition aufgelöst wird, schlicht später aufzustellen bzw. beim Finanzamt einzureichen oder
- die Rücklage ein weiteres Jahr fortzuführen und den entsprechenden Gewinnzuschlag in Kauf zu nehmen.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 18.11.2002, 7 K 7626/00 E