OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 17.6.2014, S 2242 - 2014/0003 - St 114
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beteiligung an einer Komplementär-GmbH eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, ist davon auszugehen, dass die Beteiligung nicht generell zum funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen II des Kommanditisten gehört. Maßgebend sind vielmehr die Umstände des jeweiligen Einzelfalles:
I. Allgemeine Entscheidungsgrundlagen
Im Hinblick auf die normspezifische Auslegung des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlage im Bereich des § 6 Abs. 3 EStG und der §§ 20, 24 UmwStG steht hier die Frage im Vordergrund, ob die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH in funktionaler Hinsicht als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist.
Da sie dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen ist, setzt dies voraus, dass die Beteiligung wesentliche Grundlage für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten ist.
Eine eindeutige BFH-Rechtsprechung zu der hier angesprochenen Frage liegt bisher nicht vor. Die überwiegende Literaturmeinung beurteilt die Beteiligung an der Komplementär-GmbH generell als wesentliche Grundlage des Mitunternehmeranteils des Kommanditisten (vgl. Patt in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock § 20 UmwStG RdNr. 137m.w.N.).
Die BFH-Rechtsprechung rechnet die Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zu, weil diese Beteiligung der Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG dient, indem dieser durch die Wahrnehmung seiner Rechte aus der Beteiligung an der Komplementär-GmbH die Möglichkeiten seiner Einflussnahme auf die GmbH & Co. KG erweitert (vgl. BFH-Urteil vom 14.4.1988, BStBl 1988 II S. 667.
Auch wenn sich aus dieser Betrachtung nicht zwangsläufig eine generelle Qualifikation der Beteiligung an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliche Betriebsgrundlage für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten ergibt, ist nicht zu verkennen, dass die „Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der KG” eine funktionale Bedeutung der Beteiligung für die Mitunternehmerstellung beinhaltet, die durch die Haftungsübernahme durch die Komplementär-GmbH noch verstärkt wird.
Die Annahme einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage setzt ferner nicht voraus, dass das betreffende Wirtschaftsgut unabdingbare Voraussetzung für den Betrieb oder – hier – für die Mitunternehmerstellung ist. Ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens ist unter funktionalen Gesichtspunkten im Regelfall nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es wirtschaftlich für den Betrieb bzw. für die Mitunternehmerstellung keine oder nur geringe Bedeutung hat.
Dementsprechend stellt die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage für seine Mitunternehmerstellung dar, wenn die durch diese Beteiligung bewirkte „Stärkung der Gesellschafterstellung des Kommanditisten in der GmbH & Co. KG” von wirtschaftlich untergeordneter Bedeutung ist. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse.
Hiervon ausgehend ergeben sich unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 25.11.2009, I R 72/08, BStBl 2010 II S. 471, BFH-Urteil vom 16.12.2009, I R 97/08, BStBl 2010 II S. 808) je nach Fallgestaltung folgende Beurteilungen:
II. Komplementär-GmbH, deren Tätigkeit sich auf die Geschäftsführung einer einzigen KG beschränkt
Nach bisheriger Verwaltungsauffassung handelte es sich bei der Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH bereits immer dann um eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn die Komplementär-GmbH selbst am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der KG beteiligt ist. An dieser Auffassung wird nach dem Urteil des FG Münster vom 14.8.2013, 2 K 4721/10 G, inzwischen nicht mehr festgehalten.
Nunmehr sind, unabhängig davon, ob die Komplementär-GmbH am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der KG beteiligt ist, die folgenden Fälle zu unterscheiden:
1. Kommanditanteil < 50 % oder = 50 %
Die wirtschaftliche Bedeutung der Beteiligung an der Komplementär-GmbH für den nicht mehrheitlich an der GmbH & Co. KG beteiligten Kommanditisten ergibt sich aus der mit der Gesellschafterstellung bei der GmbH verbundenen Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der GmbH, die zur Geschäftsführung der GmbH & Co. KG berufen ist (vgl. §§ 164, 116 HGB). Diese Möglichkeit der Einflussnahme ist aber nur dann wirtschaftlich von Bedeutung und begründet nur dann eine funktionale Wesentlichkeit der Beteiligung, wenn der Kommanditist die Mehrheit der Stimmrechte an der Komplementär-GmbH besitzt und hierüber in der Lage ist, seinen geschäftlichen Betätigungswillen in der GmbH & Co. KG über die GmbH durchzusetzen.
Ist der Kommanditist aufgrund der Stimmrechtsverhältnisse in der GmbH nicht in der Lage, maßgebend auf die GmbH Einfluss zu nehmen, so hat er zwar eine stärkere Stellung als ein „Nur-Kommanditist”, weil er als Gesellschaft...