Leitsatz
1. Erwirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft deren Gesamthandsvermögen durch Schenkung der Anteile der anderen Gesellschafter zu Alleineigentum, ist ein dabei erfolgender Übergang von Grundstücken aus dem Gesellschaftsvermögen in das Alleineigentum des Gesellschafters nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 und des § 6 Abs. 2 GrEStG grunderwerbsteuerfrei.
2. Liegt in einem solchen Fall eine gemischte Schenkung an den Erwerber vor, sind als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die um den Anteil des Erwerbers am Gesellschaftsvermögen verminderten Grundbesitzwerte anzusetzen, soweit sie nach schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen dem entgeltlichen Teil des Erwerbs entsprechen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2, § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG, § 138 BewG
Sachverhalt
Der Kläger war einer von zwei Gesellschaftern einer grundbesitzenden GbR. Im Jahr 2000 übertrug ihm der andere Gesellschafter seine Beteiligung gegen Zahlung eines Betrags, der hinter dem Verkehrswert der Beteiligung weit zurückblieb. Das FA nahm an, die durch die Anteilsübertragung bewirkte Anwachsung der Grundstücke beim Kläger sei gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG zur Hälfte steuerfrei und im Übrigen steuerpflichtig. § 3 Nr. 2 GrEStG finde keine Anwendung. Es ließ die Grundbesitzwerte feststellen und setzte sie im Rahmen eines Feststellungsbescheids nach § 17 GrEStG zur Hälfte als Besteuerungsgrundlage an.
Das FG gewährte zwar zusätzlich – wenn auch wegen der gemischten Schenkung nur partiell – die Steuerfreiheit nach § 3 Nr 2 GrEStG, ermittelte aber die Bemessungsgrundlage danach, wieweit die Gegenleistung des Klägers den erworbenen Grundstücken zuzuordnen ist.
Entscheidung
Der BFH stimmte dem FG darin zu, dass § 3 Nr. 2 GrEStG einschlägig ist, obwohl Gegenstand der gemischten Schenkung nicht die Grundstücke, sondern die Gesellschaftsbeteiligung war. Er bemängelte aber die Ermittlung der für den steuerpflichtigen Teil des Erwerbs anzusetzenden Bemessungsgrundlage. Diese bestehe aus dem Teil der halben Bedarfswerte, der dem entgeltlichen Teil des Erwerbs entspricht.
Hinweis
§ 3 Nr. 2 GrEStG will eine Doppelbelastung mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer ausschließen. Bei wortlautgetreuer Anwendung der Vorschrift würde dieser Zweck immer dann verfehlt werden, wenn der Grundstückserwerb nicht unmittelbar von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erfolgt, sondern lediglich mittelbare Folge eines Todesfalls bzw. einer Schenkung ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der überlebende und allein erbberechtigte Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft mit Grundbesitz nach dem Gesellschaftsvertrag berechtigt ist, das Gesellschaftsvermögen zu übernehmen, oder wenn einer der beiden Gesellschafter einer derartigen Personengesellschaft seine Beteiligung schenkweise auf den anderen überträgt.
Im Fall des gesellschaftsvertraglich eingeräumten Übernahmerechts ist Rechtsgrund des Grundstückserwerbs nicht das Erbrecht, sondern die gesellschaftsvertragliche Regelung, die mittels Anwachsung zu einem Grundstückserwerb führt (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). Bei der schenkweisen Anteilsübertragung ist Schenkungsgegenstand nicht das Grundstück, das dem verbliebenen Gesellschafter anwächst, sondern die Gesellschaftsbeteiligung.
Gleichwohl ist nach der Rechtsprechung des BFH in beiden Fällen § 3 Nr. 2 GrEStG einschlägig. Die Vorschrift ist gem. ihrem Zweck dahin auszulegen, dass unter Erwerb von Todes wegen bzw. unter Schenkung ein Grundstückserwerb zu verstehen ist, der durch Todesfall bzw. Schenkung veranlasst ist (BFH, Urteile vom 31.10.1963, II 155 60 U, BStBl III 1963, 579 sowie vom 25.11.1964, II 34/62, HFR 1965, 277). Bei einem durch Todesfall veranlassten Erwerb muss allerdings hinzukommen, dass der Erwerber im Übrigen die Stellung eines Alleinerben hatte. Ohne diese Stellung ließe sich der Erwerbsvorgang nicht mehr unter § 3 Nr. 2 GrEStG subsumieren.
Liegt einem solchermaßen durch Schenkung veranlassten Grundstückserwerb keine reine, sonder nur eine gemischte Schenkung zugrunde, ist der Erwerb nach § 3 Nr. 2 GrEStG lediglich insoweit steuerbefreit, als nach den schenkungsteuerrechtlichen Grundsätzen zur gemischten Schenkung eine freigebige Zuwendung vorliegt. Bei der gemischten Schenkung einer Beteiligung an einer grundbesitzenden Gesellschaft ist § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zu beachten. Der Teil des Grundbesitzwerts nach den §§ 138 ff. BewG, der sich aus dem Anteil des Schenkers an der Gesellschaft ergibt, ist mit dem Verkehrswert der Gegenleistung des Beschenkten zu multiplizieren und durch den Verkehrswert der Leistungen des Schenkers zu dividieren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.9.2006, II R 37/05