Leitsatz
Die Weitergabe zur besonderen Verwendung abgefertigter Fahrradteile durch eine Partei an eine mit ihr geschäftlich verbundene Partei ist antidumpingzollrechtlich keine Lieferung, denn hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Antidumpingzoll auf wesentliche Fahrradteile aus der Volksrepublik China, nämlich die Lieferung der Fahrradteile an Montagebetriebe in nur geringfügigen Mengen, vorliegen, sind geschäftlich miteinander verbundene Parteien als eine Partei anzusehen.
Normenkette
Art. 204 Abs. 1 Buchst. a ZK, Art. 143 ZKDVO, Art. 291, Art. 294 Abs. 3, Art. 297 Abs. 1 ZKDVO a.F., Art. 14 Buchst. c S. 2 VO Nr. 88/97
Sachverhalt
Antidumpingzoll auf die Einfuhr von Fahrrädern aus der Volksrepublik China wird nach der Verordnung (EWG) Nr. 2474/93 erhoben. Um eine Umgehung zu verhindern, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 71/97 der Antidumpingzoll auf die Einfuhr wesentlicher Fahrradteile ausgeweitet. Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 88/97 sind jedoch Fahrradteile vom Antidumpingzoll befreit, sofern sie unter zollamtlicher Kontrolle im Verfahren der besonderen Verwendung an bestimmte Abnehmer geliefert oder in geringer Stückzahl (weniger als 300 Stück/Monat) bezogen oder geliefert wurden.
Der Klägerin waren zollamtliche Bewilligungen für die zollbegünstigte besondere Verwendung bestimmter wesentlicher Fahrradteile mit Ursprung in China erteilt worden. Sie gehört zu einer Firmengruppe. Im Rahmen der ihr erteilten Bewilligungen hat sie z.T. innerhalb der Firmengruppe Fahrradteile weitergegeben.
Das HZA war der Ansicht, dass die Fahrradteile z.T. nicht unter den für die Befreiung vom Antidumpingzoll geltenden Bedingungen verwendet worden seien, und erhob Antidumpingzoll. Die einschlägige monatliche Mengenbegrenzung sei durch Lieferungen von mehr als 299 Fahrradteilen an andere Firmen des Verbunds überschritten worden. Im anschließenden Klageverfahren wurde allerdings Antidumpingzoll z.T. erlassen, nachdem weitere Verwendungsnachweise anerkannt worden waren (FG München vom 10.04.2008, 14 K 1020/04, Haufe-Index 1999804).
Entscheidung
Der BFH hat der Klägerin recht gegeben; wegen Überschreitung der monatlichen Mengenbegrenzung bei Abgabe bestimmter Fahrradteile im Firmenverbund ist Antidumpingzoll nicht entstanden.
Hinweis
Durch die im Besprechungsfall bestehende Organschaft wird die rechtliche Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Personen tangiert. Allerdings verlangen die einschlägigen Antidumping-Vorschriften bezüglich der Einhaltung der Mengenbegrenzung bei der Lieferung von Fahrradteilen die Berücksichtigung der geschäftlichen Verbundenheit von Parteien. Bei der Bestimmung der Anzahl der in einem Monat angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile sollen die von allen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien angemeldeten oder gelieferten Fahrradteile zusammengerechnet und damit diese verbundenen Parteien wie eine Partei behandelt werden. Daraus folgt nach Ansicht des BFH, dass auch die Abgabe zur besonderen Verwendung bestimmter Fahrradteile unter diesen miteinander geschäftlich verbundenen Parteien nicht als eine antidumpingzollrechtlich relevante Lieferung angesehen werden kann.
Soweit daher in den freien Verkehr übergeführte Fahrradteile im Firmenverbund weitergegeben werden, handelt es sich nicht um Lieferungen; eine die monatliche Mengenbegrenzung überschreitende Weitergabe wesentlicher Fahrradteile ist folglich keine Pflichtverletzung im Zollverfahren der besonderen Verwendung.
Die mit dem vorgeschriebenen Verfahren der besonderen Verwendung angestrebte zollamtliche Überwachung der abgefertigten Waren sowie die damit einhergehende Möglichkeit der Kontrolle, ob sie "letztendlich" in geringfügigen Mengen an einen Montagebetrieb geliefert worden sind, wird dadurch nicht unangemessen beeinträchtigt, obwohl die anderen Firmen des Verbunds keine Inhaber einer zollamtlichen Bewilligung (mit entsprechender Prüfungsbefugnis) sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.10.2009 – VII R 26/08