Leitsatz
Das in § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG geregelte pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot ist auf Gewinnausschüttungen anzuwenden, die nach § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG steuerfrei geblieben wären.
Normenkette
§ 8b Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 KStG, § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG, § 18 AStG
Sachverhalt
Die klagende GmbH ist an einer schweizerischen AG zu 100 % beteiligt. Insoweit setzte das FA für 2006 bis 2009 steuerpflichtige Hinzurechnungsbeträge (§ 10 Abs. 2 AStG) fest. Im Jahr 2009 (Streitjahr) schüttete die AG Y EUR an die GmbH aus. Die GmbH deklarierte insoweit zunächst einen zu 95 % (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG) steuerfreien Ertrag (§ 8b Abs. 1 KStG). Später beantragte sie, von einem insgesamt steuerfreien Ertrag auszugehen (Hinweis auf einen Vorrang des § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG). Das FA berücksichtigte weiterhin eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG.
Im Einspruchsverfahren beantragte die AG, den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG für das Wirtschaftsjahr 2008 und das Feststellungsjahr 2009 dahingehend zu ergänzen, dass für die AG die Summe der Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 41 EStG im laufenden Feststellungsjahr festgestellt werde. Diesem Antrag wurde entsprochen. Das FG gab der Klage statt (FG Bremen, Urteil vom 15.10.2015, 1 K 4/15 (5), Haufe-Index 9111140, EFG 2016, 675).
Entscheidung
Der BFH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
1. Die Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) ist eine fiktive Beteiligungsertragsbesteuerung. Der "Abschirmeffekt" der ausländischen Kapitalgesellschaft (für die dort erzielten niedrig besteuerten sog. Zwischeneinkünfte) wird durchbrochen, indem zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine fiktive Ausschüttung an die Gesellschafter berücksichtigt wird (Hinzurechnungsbetrag). Kommt es später zu einer tatsächlichen Ausschüttung des Gewinns der ausländischen Kapitalgesellschaft, droht eine "Nochmal-Besteuerung", die aber durch eine gesetzliche Steuerfreistellung (§ 3 Nr. 41 Buchst. a EStG) vermieden wird.
Ist eine Kapitalgesellschaft Gesellschafterin, schließt § 10 Abs. 2 Satz 3 AStG die Anwendung von § 8b Abs. 1 KStG auf den Hinzurechnungsbetrag ausdrücklich aus (damit besteht insoweit – volle – Steuerpflicht).
Aber welche Rechtsfolgen treten bei tatsächlicher Ausschüttung ein? Es gilt § 8b Abs. 1 KStG für den Ausschüttungsbetrag. Dabei findet nach der Entscheidung des BFH § 8b Abs. 5 KStG (sog. Schachtelstrafe) "auch" auf den Teilbetrag der Ausschüttung Anwendung, der bereits als Hinzurechnungsbetrag angefallen war. Dass die Steuerfreiheit für diesen Teilbetrag – alternativ(?), siehe sogleich – mit § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG begründet werden könnte, ist dafür ohne Belang.
2. Ob § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG bei einer Kapitalgesellschaft als Ausschüttungsempfängerin erfüllt sein konnte, ließ der BFH offen. Dagegen spricht der Normwortlaut und die Systematik (Vorrang des § 8b KStG?). Dafür spricht § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Aber wegen § 182 Abs. 1 AO sei dies im Streitfall durch den bestandskräftigen Feststellungsbescheid des § 18 Abs. 1 Satz 1 AStG schon verbindlich ("positiv") entschieden.
Jedenfalls erfasse § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG auch nach § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG steuerfreie Ausschüttungen – eine teleologische Reduktion der Regelung komme angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht. Denn jener unterscheide nicht danach, aus welchem Rechtsgrund die Bezüge (des § 8b Abs. 1 KStG) bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz geblieben seien. Auch wenn der Regelungszusammenhang und die systematische Stellung des Abs. 5 Satz 1 eine solche Lösung als naheliegend erscheinen ließen, könne dies eine Einschränkung der pauschalierenden Regelung des § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG für den Sonderfall der Ausschüttung von Hinzurechnungsbeträgen nicht rechtfertigen.
Der BFH folgt dabei nicht der Ansicht, dass sich eine einschränkende Auslegung aus § 3 Nr. 41 Buchst. a EStG ergebe. Insoweit handele es sich um eine Spezialnorm, die – u.a. wegen der dort enthaltenen Sperrfrist von sieben Jahren, den Nachweiserfordernissen und der Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG – auf das allein natürliche Personen als Anteilseigner betreffende Teileinkünfteverfahren zugeschnitten sei. Im Übrigen sei der typisierende Charakter der Regelungen zu beachten.
Nicht zuletzt hält der BFH den Vorwurf, es liege eine Strafbesteuerung vor, die dem Leistungsfähigkeitsgebot widerspreche, für zu Unrecht erhoben. Der Gesetzgeber müsse sich bezogen auf § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG nicht am "Auswechseln" des Steuersubjektes im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung festhalten lassen; zwar "durchbreche" die Hinzurechnungsbesteuerung im wirtschaftlichen Ergebnis die Steuersubjektivität der Zwischengesellschaft, dies aber nicht vollständig (Hinweis auf die steuerrechtliche Anerkennung der späteren Gewinnausschüttung durch die ausländische Körperschaft).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.4.2017 – I R 84/15