[Ohne Titel]
RiFG a.D. Franz Rothenberger, Königsbrunn
Mit gleich lautenden Ländererlassen v. 13.12.2021 (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 13.12.2021, BStBl. I 2022, 38) hat die Finanzverwaltung die Folgen geregelt, die der sog. Brexit Großbritanniens und Nordirlands (Vereinigtes Königreich) auf die Anwendung von Vorschriften des ErbStG hat. Der Beitrag stellt den Erlass in Kürze vor.
I. Einführung
Mit gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v. 13.12.2021 (BStBl. I 2022, 38) hat die Finanzverwaltung die Folgen geregelt, die der sog. Brexit Großbritanniens und Nordirlands (Vereinigtes Königreich) auf die Anwendung von Vorschriften des ErbStG hat.
Nach § 37 Abs. 17 ErbStG gilt das Vereinigte Königreich (das nach dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft v. 12.11.2019 – 2019/C 384 I/01, seit dem 31.1.2020 nicht mehr der EU angehört) in Fällen mit Zeitpunkt der Steuerentstehung vor dem 1.1.2021 (noch) als Mitgliedstaat der EU mit der Folge, dass das ErbStG auf Erwerbe mit Berührung zum Vereinigten Königreich, für die die Steuer vor dem 1.1.2021 entstanden ist, wie bisher anzuwenden ist.
Dagegen sind für Erwerbe mit einer Steuerentstehung nach dem 31.12.2020 die für Drittstaaten geltenden Regelungen anzuwenden.
II. Erwerbe mit Steuerentstehung vor dem 1.1.2021
1. Zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG
Nach R E 13.2 Abs. 1 Satz 1 ErbStR sind die Steuerbefreiungen für Gegenstände, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, auch zu gewähren, wenn sie sich in Mitgliedstaaten der EU befinden. Die Steuerbefreiung fällt weg, wenn bewegliche Gegenstände innerhalb von zehn Jahren dauerhaft in einen Drittstaat verbracht werden. Der Austritt des Vereinigten Königreichs führt nicht zum Wegfall der Steuerbefreiung, wenn bewegliche Gegenstände bis zum Ablauf der Behaltensfrist im Vereinigten Königreich verbleiben. Werden Gegenstände, die sich zum Zeitpunkt des Erwerbs im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR befunden haben, während der Behaltensfrist in das Vereinigte Königreich verbracht, führt dies ebenfalls nicht zum Wegfall der Steuerbefreiung.
2. § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG
Der Austritt des Vereinigten Königreichs führt nicht zu einem Wegfall der Steuerbefreiung.
3. § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. c ErbStG
Der Austritt des Vereinigten Königreichs führt nicht zu einem Wegfall der Steuerbefreiung.
4. Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften (§§ 13a, 13b, 13c ErbStG), Tarifbegrenzung (§ 19a ErbStG), Stundung (§ 28 Abs. 1 ErbStG), Verschonungsbedarfsprüfung (§ 28a ErbStG)
Die Steuerbefreiungen und weiteren Begünstigungen für Unternehmensvermögen sind an die Einhaltung der Lohnsummenregelung und an Behaltensregelungen geknüpft. Der Austritt des Vereinigten Königreichs allein führt nicht zum Wegfall dieser Bestimmungen.
a) § 13a Abs. 3 ErbStG (Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen)
Die an Beschäftigte im Vereinigten Königreich gezahlten Löhne und Gehälter sind bei der Ermittlung der Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen so zu berücksichtigen, als wäre das Vereinigte Königreich weiterhin ein Mitgliedstaat der EU.
Nach R E 13a.7 Abs. 8 ErbStR sind zur Ermittlung der Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen auch Löhne und Gehälter von nachgeordneten Kapitalgesellschaften einzubeziehen, die zwar noch nicht im Besteuerungszeitpunkt, jedoch innerhalb der Lohnsummenfrist zum Betrieb gehören. Handelt es sich bei der Kapitalgesellschaft um eine Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich, gilt dies auch, wenn der Hinzuerwerb nach dem Austritt aus der EU erfolgt. Entsprechendes gilt, wenn die maßgebende Beteiligungsquote von 25 % an der Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich innerhalb der Lohnsummenfrist überschritten wird.
Bei nachgeordneten Personengesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich sind Löhne und Gehälter unabhängig von einer Mindestbeteiligungsquote einzubeziehen.
b) Zu § 13a Abs. 6 ErbStG (Behaltensregelungen)
Der Austritt des Vereinigten Königreichs bedeutet grundsätzlich keinen Verstoß gegen die Behaltensregelungen.
In Einbringungs- und Umwandlungsfällen ist eine Übertragung an ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Vereinigten Königreich innerhalb der Behaltensfrist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen unschädlich.
c) Zu § 13a Abs. 6 ErbStG (Reinvestitionsklausel)
Bei der Prüfung der Reinvestitionsklausel nach § 13a Abs. 6 Satz 3 und 4 ErbStG ist eine Reinvestition in Unternehmensvermögen im Vereinigten Königreich so zu berücksichtigen, als wäre das Vereinigte Königreich weiterhin ein Mitgliedstaat der EU.
d) Zu § 13b Abs. 5 ErbStG (Investitionsklausel)
Bei der Prüfung der Investitionsklausel nach § 13b Abs. 5 ErbStG ist eine Investition in Unternehmensvermögen im Vereinigten Königreich so zu berücksichtigen, als wäre das Vereinigte Königreich weiterhin ein Mitgliedstaat der EU.
e) Zu §§ 13c, 19a, 28 Abs. 1, 28a ErbStG (Verschonungsabschlag bei Großerwerben, Tarifbegrenzung, Stundung, Verschonungsbedarfsprüfung)
Die Ausführungen unter den Buchstaben a) bis d) gelten bei der Anwendung der §§ 13c, 28 Abs. 1 und 28a ErbStG wegen der jeweiligen Verweise auf die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen und auf die Behaltensregelungen entsprechend; bei der Anwendung des § 19a ErbStG die Buchstaben b) bis d).
5. Zu § 13d Abs. 3 ErbStG
Durch den Austritt des Vereinigten Königreichs ergibt sich keine schädliche Auswirkung.
6. Zu § 28 Abs. 3 ErbStG
Bei einer Stundung der Steuer nach § 28 Abs. 3 ErbStG für Erwerbe mit Steuerentstehung vor dem 1.1.2021 führt der Austritt des Vereinigten Königreichs nicht ...