Leitsatz
1. Wird eine Beteiligung nach einer Teilwertabschreibung unter (auf das sog. Tauschgutachten des BFH gestützter) Fortführung des Buchwerts gegen die Beteiligung an einer anderen Gesellschaft getauscht, ist für die Bemessung der Anschaffungskosten der erhaltenen Beteiligung im Rahmen des steuerlichen Wertaufholungsgebots auf die historischen Anschaffungskosten der hingegebenen Beteiligung und nicht auf den fortgeführten Buchwert abzustellen.
2. Das Wertaufholungsgebot ist auch insoweit verfassungsgemäß, als es vor dem Zeitraum seines Inkrafttretens eingetretene Teilwertsteigerungen erfasst.
Normenkette
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3, § 52 Abs. 16 Sätze 1 und 2 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999 / 2000 / 2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, nahm in den Jahren 1981 bis 1985 auf ihre Beteiligung als Alleingesellschafterin der A-Corp. mit Sitz in den USA Teilwertabschreibungen i.H.v. rd. 200 Mio. DM vor. Der Buchwert der Beteiligung belief sich danach auf 166 Mio. DM.
Mit Wirkung zum 1.1.1993 brachte die Klägerin ihre Beteiligung an der A-Corp. gegen Übernahme von 10,4 % der Anteile der ebenfalls in den USA ansässigen B-Corporation in diese ein. In Übereinstimmung mit einer entsprechenden verbindlichen Auskunft des FA führte die Klägerin unter Berufung auf das sog. Tauschgutachten des BFH vom 16.12.1958, I D 1/57 (BStBl III 1959, 30) den wertberichtigten Buchwert der Beteiligung an der A-Corp. auch für die nunmehrige Beteiligung an der B-Corp. fort.
Im Jahr 1998 gründete die Klägerin als alleinige Gesellschafterin die A Holding Corp. mit Sitz in den USA, in die sie zum 30.9.1998 die 10,4%-Beteiligung an der B-Corp. – wiederum in Übereinstimmung mit einer entsprechenden verbindlichen Auskunft des FA unter Berufung auf das Tauschgutachten – zu Buchwerten einbrachte. Im Rahmen eines sog. "Split-Off" übertrug die B-Corp. sodann die von ihr gehaltene alleinige Beteiligung an der A-Corp. auf die A Holding Corp., die ihrerseits die 10,4%-Beteiligung an der B-Corp. an diese abtrat. Auch dieser Anteilstausch erfolgte nach einer entsprechenden verbindlichen Auskunft des FA unter Fortführung der Buchwerte. Im Streitjahr 1999 war die Klägerin demnach Alleingesellschafterin der A Holding Corp., die ihrerseits die alleinige Beteiligung an der A-Corp. hielt.
Obgleich sich der Verkehrswert der A Holding Corp. zum 31.12.1999 auf rd. 308 Mio. DM belief, behielt die Klägerin unter Berufung auf Art. 24 Abs. 1 EGHGB den niedrigeren Wertansatz von rd. 166 Mio DM in ihrer Handelsbilanz bei. Den im Dezember 1999 von der Klägerin gestellten, auf § 163 AO gestützten Antrag auf Beibehaltung des niedrigeren Beteiligungsbuchwerts auch in der Steuerbilanz lehnte das FA bestandskräftig ab. Im Rahmen der Festsetzung der KSt für das Jahr 1999 stockte das FA den Wert der Beteiligung an der A Holding Corp. Gewinn erhöhend um rd. 29 Mio. DM (ein Fünftel von rd. 142 Mio. DM) auf.
Das FG gab der anschließenden Klage statt (EFG 2006, 639).
Entscheidung
Der BFH gab hingegen dem FA recht: Wer sich einmal auf das Tauschgutachten eingelassen und die liquiditätsschonende Wohltat der Buchwertfortführung in Anspruch genommen habe, der müsse jetzt gleichwohl die Wertaufholung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und Nr. 1 Satz 4 EStG auf der Basis der historischen Anschaffungskosten hinnehmen. Eine verfassungswidrige Rückwirkung liege darin nicht, obschon die stillen Reserven auch aus der Zeit, als es das Wertaufholungsgebot noch nicht gab, "gehoben" und einem steuerlichem Zugriff unterworfen würden.
Hinweis
Der Sachverhalt und auch das Problem des Besprechungsurteils sind recht "speziell" und kaum verallgemeinerungsfähig. Deswegen sei es in aller Kürze dargetan:
1. Es ging um verschiedene Kapitalbeteiligungen innerhalb eines Konzerns, die in den Jahren 1993 bis 1998 "umgehängt" worden waren. Der jeweilige Beteiligungserwerb erfolgte unter "Nutzung" des sog. Tauschgutachtens des BFH aus dem Jahr 1958 unter jeweiliger Fortführung der Buchwerte, nachdem auf die ursprüngliche Beteiligung eine Teilwertabschreibung von rd. 200 Mio. DM vorgenommen worden war.
2. Das alles war sozusagen "in trockenen Tüchern" und stand außer Streit. Im Jahr 1999 griff allerdings erstmals das steuerliche Wertaufholungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 und Nr. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999 / 2000 / 2002, das zum Ansatz mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwingt, wenn nicht der Steuerpflichtige einen niedrigeren Teilwert nachweist.
Diese Wertaufholung wurde zunächst nur geringfügig dadurch abgemildert, dass § 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1997 für eine Übergangszeit von 5 Jahren eine Rücklagenbildung ermöglichte und im jeweiligen Jahr nur ein Fünfteil gewinnwirksam werden ließ.
3. Und darauf berief sich im Urteilsfall nun das FA, war der Verkehrswert besagter Beteiligungen doch um rd. 1,42 Mio. DM angestiegen.
Die AG versuchte demgegenüber, dem Tauschgutachten einen fiktiven Veräußerungsvorgang zu unterstellen – mit der schönen (und erhofften) Konsequenz, dass letztlich die n...